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PORTRAIT„Aquino mit Zigarre“ stehen herbe Zeiten bevor

Ex-Verteidigungsminister Fidel Ramos wird am 30.Juni neuer philippinischer Präsident/ Seine Erfahrung in der Abwehr von Putschversuchen wird ihm zupaß kommen  ■ Aus Manila Charles Rimando

Fidel Ramos stehen herbe Zeiten bevor. Mit 23 Prozent der Stimmen bei den Präsidentschaftswahlen vom 11.Mai erhielt der 64jährige General ein umstrittenes Minderheitsmandat. Seine unterlegenen RivalInnen — allen voran der Geschäftsmann und Günstling des 1986 gestürzten Diktators Marcos, Eduardo Cojuangco — warten nur darauf, daß er in Schwierigkeiten gerät.

Zwar ist der altgediente General, der sich den notwendigen Schliff für seine Laufbahn an der US-Militärakademie West Point holte, nun auch der Oberbefehlshaber der Armee: der uneingeschränkten Unterstützung der in mehreren Fraktionen zersplitterten Militärs kann er sich jedoch keineswegs sicher sein. Um sich der Loyalität der Armeeführung dennoch wenigstens teilweise zu vergewissern, hat Ramos erst einmal angekündigt, daß er Generalsstabschef Lisandro Abadia in seiner Funktion belassen will. Zugleich verspricht er rechtsgerichteten Rebellen mit Putschistenführer „Gringo“ Honasan an der Spitze eine „großzügige Amnestie“. Ramos hat die sechs Coupversuche gegen Präsidentin Aquino, für deren Niederschlagung er maßgeblich verantwortlich zeichnete, nicht vergessen.

Wenn Präsident Ramos nun am 30. Juni die Amtsgeschäfte von Corazon Aquino übernimmt, wird er sich der dramatischen Lage der philippinischen Wirtschaft stellen müssen. Für die ersten 100 Tage kündigte er ein Fünf-Punkte-Programm an. Dessen Eckpfeiler seien politische Stabilität, mehr Investitionen, mehr Export, mehr Tourismus, die Schaffung neuer Energiekapazitäten sowie der Schutz der Umwelt. Die Philippinen sollen in „kürzester Zeit den Anschluß an die wirtschaftlich erfolgreichen Staaten Südostasiens schaffen“.

Gerne zitiert Ramos in diesem Zusammenhang das „indonesische Modell“ Präsident Suhartos. Wenig hört man allerdings über die von Aquino verschleppte Agrarreform. Zur Verschuldung oder zur Energiepolitik fallen ihm auch keine Alternativen ein. Im Gegenteil, Ramos befürwortet wie Aquino die Instandsetzung des umstrittenen Atomkraftwerkes Bataan.

Und natürlich will auch Fidel Ramos die Massenarmut durch eine „direkte Attacke“ auf die Lebensverhältnisse von über 40 Millionen Filipinos, die ihr Dasein unterhalb des Existenzminimums fristen müssen, beseitigen. Hierfür hat er sich unter anderem das modisch klingende „Empowerment-Konzept“ einfallen lassen, das eine stärkere Beteiligung der Bevölkerung an den politischen Entscheidungen sichern soll.

Zum Thema Menschenrechte referiert der General gerne über die Rolle der Armee im Kampf gegen den „kommunistischen Untergrund“. Wenn dieser seine Waffen niederlege, so Ramos, sei die Tür zu Friedensverhandlungen geöffnet.

Das alles kommt aus dem Munde eines Mannes, der als einer der Architekten des Kriegsrechtes in der Zeit der Herrschaft Ferdinand Marcos' gilt. In seiner Funktion als Chef der Philipine Constabulary zeichnete Ramos verantwortlich für die Inhaftierung Tausender Oppositioneller, unter ihnen der 1983 von Marcos-Handlangern ermordete Ehemann von Corazon Aquino, Benigno „Ninoy“ Aquino. Fidel Ramos ist ein klassisches Beispiel für die „Wandlungen der philippinischen Politik“. Der gewiefte Taktiker, dem einige Journalistenkollegen den Spitznamen „Mrs. Aquino mit Zigarre“ verliehen, könnte diese Anfangsphase ohne Putsch überstehen, ohne daß sich allerdings viel an den desolaten Verhältnissen hier ändern dürfte.

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