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„Appell von Basel“

■ betr.: „Wer sich fürchtet, wird ab geschoben“ etc., taz vom 3. 5. 96

[...] In keinem Nachfolgestaat des ehemaligen Jugoslawien gibt es ein Amnestiegesetz, auf das sich ins Ausland geflüchtete Deserteure und Kriegsdienstverweigerer berufen können und das sie vor erneuter Einberufung, Diskriminierung und Mißhandlung schützt. Im Gegenteil, Ende Januar, fast zeitgleich mit der Unterzeichnung des Vertrages von Dayton, wurde in Serbien ein Gesetz verabschiedet, das Deserteure und Kriegsdienstverweigerer als „Vaterlandsverräter“ vom Erbrecht ausschließt.

Aber auch die politischen Vertreter der anderen Nachfolgestaaten machen keinen Hehl daraus, daß Deserteure als Feiglinge und Verräter diskriminiert werden. Wer diese Personen zum 1. Juli 1996 abschiebt, verstößt gegen den Vertrag von Dayton, in dem Amnestie für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure vorgesehen ist, und mißachtet die Entschließung des Europaparlaments vom 28. 10. 1993 und den Beschluß des Europarates. Hier werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern aus dem ehemaligen Jugoslawien ein sicheres und dauerhaftes Bleiberecht zu garantieren, da sie in ihren Heimatländern eklatante Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierungen erwarten.

Die Stadtparlamente der europäischen Städte Basel, Graz, Padua, München, Frankfurt, Weimar, Rostock, Schmölln, Göttingen, Erfurt und Münster haben beschlossen, Deserteure und Kriegsdienstverweigerer aus dem ehemaligen Jugoslawien nicht abzuschieben, ihnen in ihrer Stadt ein Bleiberecht zu ermöglichen. Vielleicht schließen sich diesem „Appell von Basel“ noch weitere Städte an. [...]

Weitere Informationen zum „Baseler Appell“ und Unterstützungsmöglichkeiten für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer bei der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinte KriegsdienstgegnerInnen Gruppe Flensburg, Postfach 1426, 24904 Flensburg. Siglinde Neher

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