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Apo von rechts

Barrikaden an der Havelchaussee  ■ K O M M E N T A R

Die echten Autonomen tragen keine Haßkappen, sondern Tirolerhüte. Gestern haben 150 von ihnen Verkehrssenator Wagner angegriffen. Sie bauten Barrikaden auf, zerstörten Plakate, warfen mit faulen Eiern. Einen Organisationsapparat haben die Asphaltterroristen auch schon: „Verein engagierter Verkehrsteilnehmer“ nennt sich die PS-Truppe. Mut zur Realsatire scheinen sie jedenfalls zu haben. Das Schlagwort der „reisenden Chaoten“ kann man mittlerweile getrost auf diese Truppe anwenden. Gestern organisierten sie den „Widerstand gegen das Tempolimit auf der Avus“, heute skandieren sie „Wir sind das Volk“ am Havelstrand, morgen marschieren dieselben gegen den Polenmarkt: Das ist die Außerparlamentarische Opposition von rechts, die mittlerweile auch handgreiflich werden kann.

Die autonomen Schultheiss-Berliner packen Reizthemen an, die sich rechtspopulistisch verwursten lassen. Daß sie das zum Teil ganz erfolgreich tun, hängt aber nicht mit den rhetorischen Fähigkeiten der Radikalen Auto-Fraktion zusammen - die sind eher mäßig -, sondern auch mit der zum Teil unzureichenden Politik des Senats. Die Ankündigung, daß genügend Busse für den Transfer zur Havelchaussee zur Verfügung stehen, hätte Herrn Wagner auch schon etwas früher über die Lippen kommen können. Der nächste Konflikt zeichnet sich schon ab: Mit ein paar Klowagen für 24.000 polnische Berlin-Besucher ist es eben nicht getan; die Frage der Übernachtungsmöglichkeiten für diese Leute, die bisher in ihren Autos oder Hauseingängen pennen, nicht mal angedacht. Die Barrikaden, die am Potsdamer Platz errichtet werden könnten, wenn der Senat sich diesem Problem nicht konsequent stellt, werden größer sein als die gestern in der Havelchausee.

CC Malzahn

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