: Anwalt stutzt Böck zurecht
Erfurt (dpa/taz) — Die Raststätten- Affäre um Thüringens Innenminister Willibald Böck (CDU) wird immer undurchsichtiger. Der unter dem Verdacht der Bestechlichkeit stehende Minister und CDU-Landesvorsitzende hat offenbar entgegen seinen bisherigen Angaben seit längerem gewußt, daß der Schmiergeld- Bote, Pfarrer Hans-Werner Kohlmann, für das hessische Unternehmen Stutz arbeitete, die in Thüringen am Bau von Raststätten interessiert war. Das geht aus 'dpa‘ vorliegenden Kopien von Briefen des für die Stutz- Gruppe arbeitenden Frankfurter Rechtsanwaltes Arno Kuhn an Böck hervor. Danach bedankt sich Kuhn am 22. November 1990 „auch im Namen von Herrn Stutz und Herrn Pfarrer Kohlmann“ sehr herzlich für eine Unterredung am 14. November. Das Schreiben legt den Schluß nahe, daß die Firma Stutz auf die Hilfe des neuen Innenministers baute. Im Zusammenhang mit der Bewerbung einer anderen Unternehmensgruppe heißt es: „Wir hoffen sehr, daß Sie, sehr geehrter Herr Minister, die Geschäfte der ,alten Gruppierungen‘ noch verhindern können.“
Ein zweites Schreiben von Kuhn an Böck vom 8. Dezember 1990 legt die Vermutung nahe, daß es bereits am 28. August „Absprachen“ mit der Stutz-Gruppe über die Formulierung einer Mittwoch abend im Originaltext bekanntgewordenen Rahmenvereinbarung gegeben hat. Diese Vereinbarung mit der Autobahn-Service-Gesellschaft mbh (Stutz) regelt Kauf und Erwerb thüringischer Tank- und Rastanlagen und war am 28. Dezember 1990 vom damaligen Landeswirtschaftsminister Hans-Jürgen Schultz (FDP) und Willibald Böck unterzeichnet worden. Es überrascht kaum noch, daß die Rahmenvereinbarung offensichtlich bis ins Detail einem Textentwurf von Anwalt Kuhn entspricht.
Die Vereinbarung mißachtete eine Empfehlungen des Bundesverkehrsministeriums vom 18. Dezember, wonach Verträge über den Bau von Nebenbetrieben an ostdeutschen Autobahnen im Zusammenhang mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik neu geprüft und gegebenenfalls modifiziert werden müßten. Das per Telefax verschickte Bonner Schreiben hat im Erfurter Wirtschaftsministerium, das auch für Verkehrsfragen zuständig ist, erst am 27.12.90 einen Eingangsstempel erhalten — immer noch zu früh: Einen Tag später wurde die Rahmenvereinbarung mit Stutz getroffen.
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