piwik no script img

Antworten auf Letzte Fragen

Sowohl das menschliche Hörvermögen als auch die Tonleiter sind endlich. Besteht deshalb nicht die Gefahr, daß eines Tages alle denkbaren Kombinationen für neue Musik erschöpft sind und wir fortan nur noch die alten Heuler hören müssen? (13. 2. 99)

Keine Panik! Das menschliche Erinnerungsvermögen ist auch endlich.Wiebke Fuchs, Hamburg

Theoretisch ist die Tonleiter nicht endlich; mit Viertel- und Sechstel- Tönen wurde schon experimentiert. Endlich ist allerdings das Unterscheidungsvermögen des Menschen. Die wahre Zukunft der Musik liegt daher im Geräuschhaften. Hier hat die zeitgenössische Musik lange geschlafen und sich zuviel mit mathematischen und intellektuellen Spielchen beschäftigt. Das Geräuschhafte bringt die Musik näher an die abstrakte Malerei, als dies Atonalität oder Serialität tun. Musik wie Techno und Jungle aber auch experimentelle elektronische Musik sind hier interessantere und rezipierbarere Wege gegangen. Ein Königsweg liegt in der Verbindung von geräuschhaften und melodischen Klängen: Hören Sie Frank Zappas „Civilization Phase III“, um einen Einblick in die unendlichen Möglichkeiten der Musik zu bekommen. Und hören Sie die Berliner Band „Weltpinguintag“ am 21. 3. 99 auf Radio Kultur.Robin Rudolph, Berlin

Nicolas Slonimsky hat bereits 1947 errechnet, daß es 479.001.600 mögliche Kombinationen der zwölf Töne der chromatischen Skala gibt. Unterschiedliche Rhythmen sind dabei noch nicht mitgezählt. Daher ist ein Menschenleben im Vergleich zur Anzahl möglicher Musikstücke doch recht kurz.Rob Bauer, Berlin

Alle denkbaren Kombinationen für eine Antwort auf Ihren alten Heuler führen zur Feststellung, daß Kombinatorik völlig unmusikalisch ist. Nicht der Ton macht die Musik.Felix Holland, Hamburg

Die Tonleiter ist nur in Europa endlich. Zwölf Töne pro Oktave ist nicht alles, was unser Planet zu bieten hat. Allein die Obertonreihe hat theoretisch unendlich viele Töne und Tonabstände (Intervalle). Wann machen die Menschen endlich ihre Ohren auf und hören die vielen Klänge außerhalb von Hörvermögen und Tonleitern? Seit der letzten Jahrhundertwende kämpfen Musiker um die Wahrnehmung neuer Tonsysteme und Klänge. Die Frage könnte 1899 gestellt worden sein.Peter Imig, Hamburg

Was heißt hier „eines Tages“?! Schalten Sie doch mal das Radio ein! Ein Heuler nach dem anderen! Auch wenn sicherlich die möglichen Kombinationen für neue Musik nicht annähernd ausgereizt sind, beschränken sich mittlerweile immer mehr vorlaute Gören und windelweiche Bubis (auch in Gruppen vereint) darauf, nicht zwangsläufig unerträgliches Liedgut aus vergangenen Tagen in schäbige, moderne Cover-Versionen zu verwandeln (4 The Cause, Puff Daddy, Oli P., Fugees u.v.m.). Dieser Quantensprung in die Kompositionsgeschichte ist tragisch – aber noch wesentlich unsymphatischer ist die Kombinationsunlust mit Buchstaben diverser Einfaltspinsel. Hier drei Beispiele: 1. „Big, big girl in a big, big world...“, 2. „Life, o life, o life, life, o life...“, oder auch 3. „war nie wirklich weg/ hab mich nur versteckt/ ich rieche den Dreck/ ich atme tief ein/...“. Schalten Sie das Radio besser gleich wieder aus!Volker Hermann, Meppen

*

Warum haben die Schüsseln beim Arzt immer Nierenform? (13.2.99)

Weil sie sich sonst nicht Nierenschalen nennen dürften.Thomas Hecker, Erfurt

Die nierenförmige Schüssel ist für den Arzt DAS entscheidende Hilfsmittel bei der Operation: Hat er den Patienten aufgeschnitten und zwei Organe entdeckt, die aussehen wie seine Schüssel, weiß er, daß das die Nieren sind, und kann sie folglich bei z.B. einer Lebertransplantation einfach vernachlässigen.Martin Heberlein, Würzburg

Damit man beim Speien den Kopf sowohl nach links als auch nach rechts drehen kann.Claus Langbein, Kornwestheim

*

Warum hat die Schmalspur so ein schlechtes Image? (13. 2. 99)

Vor 100 Jahren erfunden von schmal denkenden Juristen, die es nötig hatten, Menschen, die nicht betucht genug für ein langes Studium waren, aber doch Juristerei lernten, als „Schmalspurjuristen“ abzuwerten.Carl Christian Horz, Reinfeld

*

Treten Hund eigentlich auch mal in Hundescheiße? (6. 2. 99)

Sehr selten, weil der Hund beim Laufen die Nase viel dichter am Boden hat und außerdem den Hinterlassenschaften seiner Artgenossen mehr Aufmerksamkeit entgegenbringt. Für ihn handelt es sich nicht um schnöde Scheiße, sondern um mehr oder weniger wichtige Informationsträger, die präzise Auskunft geben über aktuelle Fluktuationen und Befindlichkeiten anderer Mitbürger (wie bei einigen schriftlichen Bekundungen von Mensch zu Mensch können beide Produkte allerdings auch gelegentlich deckungsgleich sein). Tritt er aber doch einmal hinein – eine vollgeschissene Wiese gleicht diebezüglich unserer heutigen Medienwelt, infolge totaler Reizüberflutung verliert man leicht den Überblick –, ist ihm das weit unangenehmer als uns Menschen. Für uns überwiegt die hygienische, für ihn aber die soziale Tragweite des Geschehnisses. Eine so penetrant mit der eigenen Persönlichkeit in Verbindung gebrachte Meinungsäußerung eines anderen Artgenossen zwischen den Zehen, die einen vielleicht sogar bis in die eigenen vier Wände verfolgt – das muß so schlimm sein, als würde unsereins von einem Mitbewohner am Frühstückstisch mit der Bild-Zeitung erwischt.Dr. Carolina Rammelsberger, Wiesbaden

Ich meine nein, der Hund als solcher achtet wesentlich mehr auf seinen Weg, da Frau Hund sich nicht für den Inhalt von Schaufenstern noch für Nachbarins Bluse, Herr Hund sich nicht für den Inhalt von Nachbarins Bluse interessiert.Roland Volz, Essen

Hunde treten nie in Hundescheiße, da sie diese schon aus einiger Entfernung mittels ihres Riechorgans orten können und somit der Überraschungseffekt, der den Menschen ereilt, wegfällt. Fazit: Wer nicht riechen kann, muß stinken.Angelika Teichert, Dahlenburg

Ich glaube, das tun sie nicht. Sonst würden sie wohl umgehend die eigene Existenzberechtigung überprüfen.Armin Mathieu, Saarbrücken

*

Wann ist man groß, und was ändert sich damit? (30. 1. 99)

Wenn wir aufhören, „Wenn ich groß bin, dann...“ zu sagen, dann sind wir groß. Und dann müssen wir erkennen, daß die Großen nie so groß waren, wie wie immer dachten. Außerdem merken wir, daß wir das, was wir alles machen wollten, sobald wir groß sind, nun doch nicht machen.Karl Hübner, Köln

*

Warum haben Jungen meist eine viel schlimmere Handschrift als Mädchen? (30. 1. 99)

Jungen haben meistens die viel schlimmere Schrift, weil sie sich nicht darum kümmern, ob man es nun lesen kann oder nicht. In den ersten Jahren (d.h. 1.–4. oder auch 1.–5. Schuljahr) gibt sich jeder Mühe, so schön wie möglich zu schreiben. Aber besonders geben sich die Mädchen Mühe. Doch ab der 5. Klasse geben sich die Jungen keine Mühe mehr, schön zu schreiben, weil sie vielleicht keinen Sinn für Kunst haben. Vielleicht auch weil sie keine Lust haben, irgend etwas zu schreiben. Jungen wechseln auch immer wieder ihre Schrift: rund, schräg und so weiter. Allerdings machen Mädchen das auch: Wenn sie meinen, ihre Schrift sei zu kindisch geworden.Janine Filz, Schülerin,

Köln-Holweide

Ich denke, Mädchen haben eine ordentlichere Schrift, weil sie sowieso viel gefühlsbetonter sind als Jungen, und das zeigt sich auch an der Schrift. Es hat natürlich auch etwas mit der Stimmung zu tun. Wenn man hektisch oder unausgeglichen ist, sieht die Schrift auch dementsprechend aus. Wenn die Schrift ausgeglichen aussieht, schließt man daraus, daß man innerlich ausgeglichen und entspannt ist, aber da die meisten Jungen meist ohne Gefühl oder ungerne schreiben, ist ihre Schrift auch meist „ohne Lust“, d.h. einfach hingekritzelt. Es gibt natürlich auch einige wenige Jungen, die sensibel, gefühlvoll und lustvoll beim Schreiben sind, deshalb haben diese dann auch eine schönere Schrift als die, die einfach nur drauflosschreiben. Jungen sind beim Schreiben einfach unordentlicher als Mädchen, weil sie nicht so viel Gefühl mit ins Schreiben bringen.Ilona Koenig, Schülerin,

Köln-Holweide

Ich glaube, das liegt daran, daß Jungen nicht diesen extremen Ordnungssinn besitzen, den Mädchen haben. Jungen legen kaum Wert auf eine ordentliche Schrift, da sie ihnen eigentlich nichts bringt. Im Gegenteil macht sie eher noch Umstände. Man muß langsam schreiben und aufpassen, daß man nicht schief schreibt. Ich denke, daß viele Jungen froh sind, wenn sie ihre Arbeit erledigt haben. Es ist unwichtig, wie sie aussieht. Sie muß nur fertig sein. Mädchen hingegen haben das Gefühl, daß die Arbeit erst dann richtig fertig ist, wenn sie sauber auf ein Blatt Papier geschrieben ist. Viele Mädchen wechseln sogar oft vollkommen ihr Schriftbild. Das passiert meistens, wenn ein Mädchen seinen Stil wechselt. War sie vorher eher ein liebes, folgsames Mauerblümchen und ist dann zu einer aufsässigen selbstbewußten Frau geworden, war ihre Schrift vorher wahrscheinlich relativ klein, zusammenhängend und mit Schnörkeln ausgeführt. Nachher ist sie dann wahrscheinlich groß, eckig und ohne Verzierung. Ich denke, daß es dieses Verhalten aber auch bei Jungen gibt. Das beste Beispiel dafür ist mein alter Tischnachbar Max.Naru Lücke, Schülerin,

Köln-Holweide

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen