Anti-Israel-Proteste in Irland: Dubliner Uni gibt BDS nach
Das Trinity College beendet Investitionen in etliche israelische Unternehmen, streicht Stipendien für Israelis und richtet neue für Palästinenser ein.
Bis Juni dieses Jahres wird das Trinity College die Investitionen in israelische Unternehmen stornieren, die in den besetzten palästinensischen Gebieten tätig sind und auf der Schwarzen Liste der Vereinten Nationen stehen. Außerdem wird die Universität den Studentenaustausch mit Israel überdenken und die Zahl der Stipendien für palästinensische Studenten erhöhen – acht Stipendienplätze wurden bereits zugesagt.
Laszlo Molnarfi, der scheidende Präsident der Studentengewerkschaft, sagte, der BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) habe sich durchgesetzt. „Es zeigt die Kraft der Studenten und Mitarbeiter, die für die gerechte Sache der palästinensischen Befreiung und die Beendigung der Komplizenschaft mit israelischem Völkermord, Apartheid und Siedlerkolonialismus kämpfen.“
Der Campus in Dublin, der im Herzen der irischen Hauptstadt liegt, war während des Protests für die Öffentlichkeit geschlossen, was die Hochschule viel Geld kostete, weil Touristen das Book of Kells nicht sehen konnten. Diese illustrierte Handschrift der vier Evangelien aus dem Jahr 800 ist in einem Glaskasten in einem abgedunkelten Raum der Universität ausgestellt. Es ist eine der größten Touristenattraktionen der irischen Hauptstadt und bringt dem College 350.000 Euro in der Woche ein.
Kein Versuch den Protest aufzulösen
„Ich denke, die Einnahmeverluste waren ausschlaggebend“, sagte Ruby Topalian, eine Redakteurin der Studentenzeitung Trinity News. Sie begrüße die Vereinbarung, die weiter gehe als bei anderen Universitäten, sagte sie. „Ich denke, das ist beispiellos.“
Das Trinity College Dublin, das 1592 unter der Schirmherrschaft Königin Elisabeths I. gegründet wurde, ist die älteste Universität Irlands. Sie sollte nach der Vorstellung ihrer Gründerin verhindern, dass Studierende „mit Papismus und anderen schlimmen Dingen infiziert und so zu verkommenen Untertanen“ würden. Die katholische Hierarchie gestattet Katholiken den Besuch des College erst seit 1970.
Im Gegensatz zu den Konfrontationen in den USA, wo die Polizei die Demonstranten an mehreren Universitäten gewaltsam vertrieb, wurde nicht versucht, den Protest aufzulösen. In der Erklärung von Trinity hieß es, man verstehe die Beweggründe des Camps und sei entsetzt über die Ereignisse in Gaza: „Wir verabscheuen und verurteilen jegliche Gewalt und jeden Krieg, einschließlich der Gräueltaten vom 7. Oktober, der Geiselnahme und der anhaltenden grausamen und unverhältnismäßigen Angriffe in Gaza. Die humanitäre Krise im Gazastreifen und die Entmenschlichung dort ist obszön.“
Spanien und Irland sind die stärksten Unterstützer
Die Unterstützung für die palästinensische Sache ist groß in Irland. Viele Menschen vergleichen die Besetzung der palästinensischen Gebiete durch Israel mit dem jahrhundertelangen britischen Kolonialismus in ihrem eigenen Land. Zusammen mit Spanien ist Irland auch einer der stärksten Unterstützer der palästinensischen Sache in der Europäischen Union.
Im vergangenen Monat erklärte Irlands Premierminister Simon Harris gemeinsam mit seinem spanischen Amtskollegen Pedro Sánchez, man werde den Staat Palästina „in einem relativ kurzen Zeitrahmen“ anerkennen. „Man kann nicht erklären, dass man an eine Zweistaatenlösung glaubt“ sagte Harris, „aber dann nicht anerkennen, dass es zwei Staaten gibt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“