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Anschlagsplan in BrasilienLula sollte sterben

Eine Gruppe plante, Brasiliens Präsidenten Lula zu ermorden und die Demokratie abzuschaffen. Mit dabei war auch der rechtsextreme Ex-Präsident Bolsonaro.

Die Behörde hat Ermittlungen gegen 37 Männer eingeleitet – darunter auch Ex-Präsident Jair Messias Bolsonaro Foto: Leco Viana/picture alliance

Berlin taz | Eine im Verborgenen operierende Gruppe mit Codenamen, Waffenarsenalen und akribisch ausgearbeiteten Plänen, um den designierten Präsidenten zu ermorden und einen Staatsstreich auszulösen. Was wie das Drehbuch eines Agentenfilms klingt, soll sich laut Brasiliens Bundespolizei genau so zugetragen haben. Die Behörde hat Ermittlungen gegen 37 Männer eingeleitet – darunter auch Ex-Präsident Jair Messias Bolsonaro.

Am Dienstag nahm die Polizei fünf Männer fest und durchsuchte deren Häuser. Ihnen wird vorgeworfen, im Dezember 2022 geplant zu haben, Luiz Inácio „Lula“ da Silva zu vergiften, wenige Wochen nach dessen Wahlsieg gegen den rechtsextremen Amtsinhaber Bolsonaro. Die Verschwörung soll darauf abgezielt haben, die traditionell am Neujahrstag stattfindende Amtseinführung zu verhindern und Bolsonaro an der Macht zu halten. Neben Lula sollen sein Vize Geraldo Alckmin und der bei Rechten verhasste Richter Alexandre de Moraes ebenfalls auf der Todesliste gestanden haben.

Nach Angaben der Ermittler erstreckten sich die Untersuchungen über zwei Jahre und legten eine gut organisierte Struktur offen. Den mutmaßlichen Verschwörern wird vorgeworfen, verschiedene Gruppen gebildet zu haben.

Während eine für Desinformationskampagnen und Angriffe auf das Wahlsystem zuständig war, sollte die andere das Militär zu einem Putsch zu bewegen und Waffen sowieso Fahrzeuge beschaffen. Der Plan lief unter dem Namen „Grün-Gelber Dolch“.

Detailreicher Putschplan

Die 37 Verdächtigen sollen einen „gewaltsamen Umsturz des demokratischen Staates“ geplant haben, heißt es im Ermittlungsbericht der Bundespolizei. Unter den Beschuldigten befinden sich mehrere ehemalige Minister Bolsonaros, der frühere Geheimdienstchef und hochrangige Militärs. In dem über 800 Seiten umfassenden Dokument wird Bolsonaro als „Anführer der kriminellen Vereinigung“ bezeichnet. Ihm wird nachgesagt, „volle Kenntnis“ von den Mordplänen gehabt zu haben. Konkret wirft man ihm drei Verbrechen vor: die gewaltsame Abschaffung des demokratischen Rechtsstaates, den Versuch eines Staatsstreichs und die Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Die Polizei hat ihren Bericht dem Obersten Gerichtshof übergeben. Nun liegt es am Generalstaatsanwalt Brasiliens zu entscheiden, ob Anklage wegen Putschversuchs erhoben wird. Sollte sich die Beweislast bestätigen und es zu Verurteilungen kommen, drohen den Beschuldigten erhebliche Strafen.

Bolsonaro weist die Vorwürfe zurück und zeigte sich am Donnerstag auf der Plattform X (ehemals Twitter) ungewöhnlich zurückhaltend. „Man müsse abwarten, was in der Anklage steht“, schrieb er und fügte hinzu, man könne nichts von einer Gruppe erwarten, die „Kreativität einsetzt, um mich zu denunzieren.“

Sein Sohn, der Senator Flávio Bolsonaro, erklärte, es sei noch kein Verbrechen, darüber nachzudenken, jemanden zu töten. Gegen Jair Bolsonaro, der bereits in mehrere andere Ermittlungsverfahren verwickelt ist, könnte laut Einschätzungen einiger Ex­per­t*in­nen in den kommenden Wochen eine Verhaftung erfolgen.

Rückenwind für ehemaligen Präsidenten

Bolsonaro hatte in den vergangenen Wochen eigentlich Rückenwind gespürt. Bei den landesweiten Kommunalwahlen erzielten viele seiner Verbündeten beachtliche Wahlerfolge. Zudem beflügelte ihn der Wahlsieg seines engen politischen Verbündeten Donald Trump in den USA. In den sozialen Medien forderten An­hän­ge­r*in­nen bereits seine Rückkehr als Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2026 – obwohl Bolsonaro im vergangenen Jahr wegen Angriffen auf das Wahlsystem für acht Jahre von allen Wahlen ausgeschlossen worden war.

Eine Verurteilung oder gar Haftstrafe könnte dem bolsonaristischen Projekt einerseits seine zentrale Figur nehmen. Andererseits zeichnet sich ab, dass der Bolsonarismus auch ohne Bolsonaro weiterbestehen kann. Neue Kan­di­da­t*in­nen könnten in Erscheinung treten – möglicherweise mit ebenso radikalen oder sogar extremeren Positionen. Zudem könnte Bolsonaro durch eine Verurteilung Märtyrerstatus erlangen und versuchen, aus der Haft heraus einen Kandidaten zu unterstützen.

Die jüngsten Ermittlungen dürften das Narrativ vieler rechter Kräfte bestärken, dass ein angebliches Komplott gegen sie im Gange sei. Bereits während seiner Amtszeit griff Bolsonaro demokratische Institutionen wiederholt scharf an und behauptete, sie wollten ihn aus dem Amt drängen. Besonders der Oberste Gerichtshof geriet dabei ins Visier der Rechten, vor allem durch Entscheidungen von Richter Alexandre de Moraes.

Die Gefahr einer weiteren Radikalisierung der bolsonaristischen Basis ist greifbar, wie ein Vorfall in der vergangenen Woche verdeutlicht: Ein Parteikollege Bolsonaros verübte einen Anschlag vor dem Obersten Gerichtshof und kam dabei ums Leben. Die Sorge vor weiterer Gewalt wächst in Brasilien.

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