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Archiv-Artikel

Anklage gegen Bank-Chefs

Im Skandal um die Bankgesellschaft erhebt die Staatsanwaltschaft erstmals Anklage gegen Topmanager. Den früheren Vorstandsmitgliedern der Landesbank wird Bilanzfälschung vorgeworfen

von RICHARD ROTHER

Im Berliner Bankenskandal ist erstmals Anklage gegen verantwortliche Manager erhoben worden. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat gegen den ehemaligen Vorstandschef der Landesbank Berlin (LBB), Ulf-Wilhelm D., und das ehemalige Vorstandsmitglied Jochem Z. Anklage wegen Bilanzfälschung erhoben. Nach den Erkenntnissen der Ermittlungsgruppe Bankgesellschaft sollen die Angeschuldigten für unrichtige Angaben in den Jahresabschlüssen der Bankgesellschaftstochter für 1997, 1998 und 1999 verantwortlich sein. Dies erfüllt nach Auffassung der Staatsanwaltschaft den handelsgesetzlichen Straftatbestand der unrichtigen Darstellung. Die Tat kann mit einer Geldstrafe oder mit Freiheitsentzug bis zu drei Jahre geahndet werden.

Im Kern der Anklage geht es um die Freistellung von der Haftung für mögliche Verluste, die die LBB-Manager zwischen 1994 und 1997 den Gesellschaftern der Weberbank sowie den Komplementären von fünf LBB-Fondsgesellschaften gegeben haben. Diese Freistellungen bedeuteten für die Landesbank ein zusätzliches Risiko, da die begünstigten Gesellschafter ihre Verbindlichkeiten auf die Landesbank hätten abwälzen können.

Im ungünstigsten Fall hätten nach dem Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen die Freistellungserklärungen zu einer zusätzlichen Haftung von insgesamt rund 15 Milliarden Euro führen können. Solche zusätzlichen potenziellen Verbindlichkeiten müssen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft in den Jahresabschlüssen berücksichtigt werden, da sie für die finanzielle Situation des Unternehmens von Bedeutung sind. Dies aber ist in den Jahresabschlüssen 1997 bis 1999 unterblieben.

Hierfür sollen die beiden Angeschuldigten als ehemalige Vorstandsmitglieder der LBB verantwortlich sein. Darüber hinaus sollen sie die Existenz der Freistellungserklärungen den Abschlussprüfern der LBB sowie den Wirtschaftsprüfern nicht offen gelegt haben. Die Folge: Die Wirtschaftsprüfer testierten tatsächlich unvollständige Jahresabschlüsse. Seit dem Geschäftsjahr 2000 werden die möglichen Verbindlichkeiten, die durch die Freistellungserklärungen entstehen können, in den Jahresabschlüssen berücksichtigt.

Nach der Anklageerhebung haben die Angeschuldigten nun Gelegenheit, Stellung zu der 164 Seiten langen Angklageschrift zu nehmen. Dann wird die zuständige Große Strafkammer des Landgerichts Berlin über die Eröffnung eines Hauptverfahrens entscheiden.

Die mehrheitlich landeseigene Bankgesellschaft war vor allem wegen verlustreicher Immobilienfondsgeschäfte an den Rand des Ruins geraten und konnte 2001 nur duch eine Finanzhilfe von rund 1,7 Milliarden Euro durch das Land Berlin vor der Pleite bewahrt werden. Im Jahr 2002 bürgte das Land für mögliche Immobilienfondsverluste in Höhe von bis zu 21,6 Milliarden Euro. Allein diese Bürgschaft belastet den Haushalt der finanzschwachen Stadt mit jährlich rund 300 Millionen Euro.