piwik no script img

Angst vor neuen Massenhinrichtungen

SYRIEN Berichten zufolge hat der IS in der Stadt Deir ez-Zor zahlreiche Menschen getötet oder entführt

BEIRUT rtr | Im Osten Syriens hat die Extremistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) bei Angriffen auf die belagerte Stadt Deir ez-Zor offenbar Hunderte von Zivilisten getötet und zahlreiche Geiseln genommen. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete am Wochenende, IS-Kämpfer hätten von der Regierung kontrollierte Stadtteile attackiert und dabei mindestens 300 Menschen umgebracht, darunter Frauen und Kinder.

Die Regierung sprach von einem „entsetzlichen Massaker“. Einige Opfer seien enthauptet worden, hieß es in regierungsnahen Kreisen. Nach Erkenntnissen der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden mindestens 400 Zivilisten von den Islamisten als Geiseln genommen. Darunter befänden sich Familien regierungstreuer Kämpfer. Es bestehe die Gefahr, dass der IS wie in früheren Fällen auch diese Gefangenen hinrichten werde, erklärte die in Großbritannien ansässige Organisation, die sich auf ein umfangreiches Informantennetz vor Ort stützt. So hatte die Miliz etwa in der Provinz Rakka 200 gefangengenommene Soldaten und 2014 in der Provinz Deir ez-Zor Hunderte Mitglieder eines Stammes getötet.

Bei den aktuellen Angriffen schickte der IS Regierungskreisen zufolge zunächst sechs mit Bomben bewaffnete Selbstmord­attentäter vor und versuchte, Stellungen der Armee zu durchbrechen. Dies sei aber misslungen. Die Soldaten hätten die Angreifer zurückgeschlagen und eine große Anzahl von ihnen getötet. Die unterschiedlichen Berichte konnten zunächst nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden.

Der IS beherrscht die Provinz Deir ez-Zor zu größten Teilen. In der gleichnamigen Provinzhauptstadt werden noch einige Bezirke von Regierungstruppen kontrolliert, darunter ein Militärflughafen. Die Stadtteile werden seit rund einem Jahr von IS-Kämpfern belagert. Etwa 200.000 Bewohner leben unter schwierigsten Bedingungen. Über Deir ez-Zor ist die IS-Hochburg Rakka mit Gebieten im Irak verbunden, die ebenfalls dem IS unterstehen.

Unterdessen wurden neue zivile Opfer durch die Luftangriffe auf Rakka bekannt. Der Beobachtungsstelle zufolge wurden dabei am Samstag Geschäfte sowie Restaurants getroffen und 40 Zivilisten getötet. Es sei unklar, ob die Kampfflieger aus Russland stammten oder von der von den USA geführten Allianz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen