: Angst vor der Straße
■ In Rumänien soll die Armee die Polizei unterstützen / Opposition befürchtet Einschränkung des Demonstrationsrechts
Bukarest (afp) - Kaum eine Woche nach dem Sturm von Regimegegnern auf den Sitz der rumänischen Übergangsregierung hat der als Parlament fungierende Provisorische Rat der Nationalen Einheit am Freitag nach heftiger Debatte ein Gesetz beschlossen, wonach die Armee an der Seite der Polizei zur Bekämpfung politischer Unruhen eingesetzt werden soll. Armeeangehörige sollen notfalls mit Bajonetten gegen die Bevölkerung vorgehen. Zahlreiche Abgeordnete der Opposition kritisierten die Regelung als mögliche Einschränkung des Demonstrationsrechts. Auch an der Arbeitsweise des Übergangsparlaments übten sie heftige Kritik. Beobachter werteten die Sitzung als Beweis für die ungebrochene Macht des Rats der Front zur Nationalen Rettung unter Präsident Ion Iliescu.
Das neue Sicherheitsgesetz, das eine Zusammenarbeit zwischen Innen- und Verteidigungsministerium vorsieht, soll insbesondere die Sicherheit öffentlicher Einrichtungen und der Parteigebäude gewährleisten. Für das Eindringen in öffentliche Gebäude wurden Haftstrafen von einem halben bis zu drei Jahren angedroht. Die Sicherheitskräfte sollen durch 4.500 zusätzliche Stellen sowie durch Einheiten aus der Provinz, die nach Bukarest verlegt werden, verstärkt werden. Nach Angaben des Innenministers, General Mihai Chitac, befinden sich von ca. 150 festgenommenen Demonstranten, die vergangenen Sonntag das Regierungsgebäude gestürmt hatten, 39 Personen weiterin Haft.
Der Vorsitzende der Vereinigung ehemaliger politischer Gefangener, Ticu Dumitrscu, äußerte seine Besorgnis ebenso wie Vertreter der sozialistischen Liberalen und der Bauernpartei. Letztere war von Vizepremier Gelu Voican der Komplizenschaft mit rechtsextremen Gruppen, Nachfolgeorganisationen der faschistischen „Eisernen Garde“, geziehen worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen