: Angesagt ist die totale Defensive
■ „Was sollen wir wollen?“ von Joschka Fischer, taz vom 13.1.94
[...] Wer genau liest, der wird fündig: Angesagt ist die totale Defensive. So will Fischer zum Beispiel bereits die Verhinderung einer „weiteren“ Militarisierung als Erfolg verbucht wissen. Das heißt nichts anderes als: Bejahung des Status quo.
Sein zunächst noch väterlicher Rat an die Linken in der Partei, aus ihren Umverteilungsträumen aufzuwachen, zeigt die ganze Erbärmlichkeit von Fischers Konzept. Denn offenbar weiß er nicht, daß die von ihm als Umverteilungsvolumen in kritischer Absicht benannte Zahl von 173 Milliarden DM fast genau der Summe entspräche, die seit 1982 als Ergebnis zahlreicher Steuersenkungen die Kassen der Unternehmer zusätzlich gefüllt hat. Im übrigen würde ihm ein Blick in die monatlichen Bundesbank-Berichte zeigen, wo die bundesdeutschen Unternehmen ihre Profite – pardon! – ihre Erträge gewinnbringend anlegen.
Übrigens Fischers „kühne“ Forderung, die eigene Politik an der Durchsetzbarkeit bei einer eigenen Mehrheit zu messen, läuft angesichts einer bereits jetzt auf Mehrheitsfähigkeit ausgerichteten Programmatik ins Leere. Spannend wäre allerdings die Antwort auf die Frage: „Wie müßte sich diese Gesellschaft geändert haben, wenn grüne Ausstiegsforderungen mehrheitsfähig wären?“
„Das Land taugt nicht für Abenteur“ mahnt J. Fischer. Darauf kann ich nur antworten: In diesem Land möchte ich nicht mehrheitsfähig sein. Udo Weinrich, Die Grünen,
KV Mettmann
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