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KommentarAnarchie im Rathaus

■ Bußtag-Vorschlag trifft ins Schwarze

Über die bundespolitischen Ambitionen des nach Lafontaine dienstältesten deutschen Ministerpräsidenten ist an dieser Stelle gestern geschrieben worden. Und natürlich ist der Vorstoß Wedemeiers zum Buß- und Bettag auch darauf gemünzt, sich landauf, landab ins Gespräch zu bringen. Er ist aber noch viel mehr: Der Präsident des Bremer Senats enthüllt seine gut versteckte anarchische Seite.

Denn mit seinem Vorstoß hebelt Wedemeier aus, was Vertragspartnern heilig ist: Das Vertrauen auf die Gegenseite, die Bindung an Regeln. Das Gesetz zur Pflegeversicherung sieht vor, zur Kompensation für die Arbeitgeber einen Feiertag zu streichen. Machen wir doch! tönt es aus Bremen. Das Verbot, einen anderen Feiertag einzuführen, steht nicht im Gesetz. Das erschließt sich aus der Logik, meinen Sie? Falsch gedacht. Was wir den Menschen im protestantisch-arbeitsethischen Norden nehmen, müssen wir ihnen an anderer Stelle wiedergeben, meint Wedemeier. Die Arbeitgeber sehen es mit Grausen. Schon runzeln sich die Stirnen: Wo kommen wir da hin? Und tatsächlich: Der Vorschlag der Kompensation für die Kompensation hat etwas von augenzwinkernder Milchmädchenrechnung, die die anderen Länder wieder auf Bußtagslinie bringen soll.

Eines allerdings ist neu: Es trifft endlich einmal die Richtigen. Denn auf diese Art und Weise werden sonst nur ArbeitnehmerInnen oder SozialhilfeempfängerInnen verschaukelt. Bernhard Pötter

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