: An der Denkmalpflege vorbeiagiert
betr.: „Letzte Ausfahrt Michendorf“, taz vom 17. 7. 08
Es geht um den Abriss der Raststätte Michendorf im Süden von Berlin, dem die taz immerhin eine ganze Seite im Berlinteil gewidmet hat. Die Schuld am Abriss wird dort quasi der Denkmalpflege zugeschrieben. Zu Wort kommt Marie Luise Buchinger vom Brandenburgischen Landesdenkmalamt – das bin ich selbst – mit Sätzen, die sie zwar sicherlich gesagt hat, aber in einem etwas anderen Kontext.
De facto war es so, dass die Denkmalpflege erst Kenntnis von den Abrissplanungen erhielt, als diese nicht mehr aufzuhalten waren. Die Denkmalpflege war nicht gleich nach der Wende „aktiv geworden“, weil Abrisspläne für eine derart populäre Anlage wie die Michendorfer Raststätte schlicht außerhalb des Vorstellbaren lagen. Außerdem hatten die Denkmalpfleger – deren Anzahl ja weiß Gott begrenzt ist und im Übrigen immer weiter schrumpft – alle Hände voll zu tun mit Objekten, die eindeutig bedroht waren und der unmittelbaren Hilfe bedurften und bei deren Abriss die Presse vermutlich genauso gelästert hätte. Jetzt die Schuld an der Misere der Denkmalpflege in die Schuhe zu schieben, ist nicht nur ungerecht, es ist auch undifferenziert und populistisch
Auch die „böse“ Denkmalpflege gegen die „guten“ Ortshistoriker, die sich für die Rettung der Michendorfer Raststätte einsetzten, auszuspielen, ist kontraproduktiv und vertieft Gräben, für deren Beseitigung man sich eigentlich einsetzen sollte. Wir Denkmalpfleger sind auf die rechtzeitige Unterstützung der Bevölkerung angewiesen. Aber viele Initiativen agieren allzu gerne an „der Denkmalpflege“ vorbei, die bei brisanten Fragen nur selten bereits im Vorfeld informiert wird. Und wenn „die Denkmalpflege“ dann zu spät kommt, ist das Wehgeschrei groß – Ihr Artikel ist dafür nur ein Beispiel mehr.
Die Denkmalpflege kann nicht das mangelnde Bewusstsein des Restes der Gesellschaft ersetzten, damit ist sie einfach überfordert. Sie bräuchte Unterstützung von den Medien, stattdessen hagelt es süffisante Kommentare, wenn mal was schiefgegangen ist. Dabei müssten Sie doch eigentlich wissen, dass gerade die Verkehrsplanung hierzulande eine heilige Kuh ist, der alles andere geopfert wird. MARIE-LUISE BUCHINGER, Berlin
Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.