Kommentar: Amtlicher Aufstieg
■ Warum die SPD bei der Suche nach einem neuen Parteichef kaum Alternativen hat
Ohne Jörg Kuhbier haben Hamburgs Sozialdemokraten ein Problem. Das allerdings heißt nicht Olaf Scholz. Der zielstrebige Bundestagsabgeordnete aus Altona ist sicher einer aus der arg übersichtlichen Schar Hamburger SozialdemokratInnen, die als Nachfolger überhaupt diskutabel sind.
Denn Jörg Kuhbier hat in seiner sechsjährigen Amtszeit Führungsvermögen bewiesen. Es gibt nicht viele in der Partei, die seinem Abschied mit Freude entgegensehen, auch nicht auf dem rechten Flügel. Nicht nur Integrationsvermögen und Integrität ließen den linken Eimsbüttler so unumstritten werden wie keinen Hamburger SPD-Parteichef seit über 20 Jahren. Auch seine persönliche Unabhängigkeit trug dazu bei: Kuhbier hatte das Amt nicht nötig, um sich oder anderen irgend etwas zu beweisen oder um noch was zu werden.
Das mag sich bei seinem Nachfolger anders verhalten. Scholz verfügt zwar mit dem Altonaer Kreisverband über eine nicht unbeträchtliche Hausmacht. Auch in linken Führungszirkeln ist er durchaus wohlgelitten. Nicht wenige Spitzen-Sozis aber stehen dem rasanten Aufstieg des alerten Anwalts skeptisch gegenüber. Zu glatt ist er den einen; als Pragmatiker, der Karriere über Kontroversen stellt, beargwöhnen ihn andere.
Dennoch gibt es zu Scholz kaum eine ernsthafte Alternative in der Partei. Seine Sachlichkeit und Kompetenz in vielen Fachfragen ist ebenso anerkannt wie seine Integrationsfähigkeit. Wenn Hamburgs SPD schon einen Nachfolger für Kuhbier suchen muss, könnte sie schlechtere finden. Sven-Michael Veit
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