: Ampelkoalition einig über Stasi-Überprüfung
■ Selbst wenn sich der Verdacht auf Stasi-Mitarbeit bestätigt, besteht kein Zwang zur Amtsniederlegung
Potsdam. Die brandenburgische Ampelkoalition hat sich nach zähem Ringen auf Kriterien zur Stasi- Überprüfung der Abgeordneten geeinigt. Danach gelten jene Parlamentarier als belastet, die bewußt und direkt Informationen an das Ministerium für Staatssicherheit (MFS) weitergegeben haben, berichtet am Dienstag der RIAS. Die vom Landtag benannten Vertrauenspersonen für die Stasi-Überprüfung sollen eine „negative Empfehlung“ aussprechen, wenn der Abgeordnete hauptamtlicher oder informeller Mitarbeiter des MFS war. Für den Nachweis der informellen Tätigkeit sollen laut Koalitionseinigung sowohl eine unterschriebene Verpflichtungserklärung als auch die Lieferung von Berichten bzw. Angaben über Personen gelten. Auch die Entgegennahme von Geld für informelle Tätigkeiten ist laut RIAS in diesem Kriterienkatalog erhalten. Die sogenannten „blauen Briefe“ der Stasi-Sonderbehörde werden nach Informationen des Senders im Laufe der nächsten Wochen erwartet. Betroffene Abgeordnete erhielten dann eine mehrwöchige Frist, um sich zu den Vorwürfen zu äußern.
Erst vor wenigen Wochen hatte die Potsdamer Tageszeitung „Brandenburgische Neueste Nachrichten“ berichtet, im brandenburgischen Landtag säßen elf stasi-belastete Abgeordnete. MFS-Mitarbeiter seien ferner drei Mitglieder der Landesregierung, davon ein „Wessi“, gewesen.
Abgeordnete der Ampelkoalition betonten in den vergangenen Wochen mehrfach, daß sie bei den Kriterien mit den Oppositionsparteien CDU und PDS Konsens herstellen wollten. Der CDU-Fraktionsvorsitzende, Peter-Michael Diestel nannte der dpa auf Anfrage die Kriterien „Vertrauensmißbrauch“ und Verursachung von „menschlichem Schaden“ als maßgeblich. PDS-Oppositionsführer Lothar Bisky sagte, entscheidend sei, ob der Stasi-Mitarbeiter Dritten geschadet hätte.
Selbst wenn sich der Verdacht auf Stasi-Mitarbeit bestätigt, besteht für die betreffenden Abgeordneten kein Zwang zur Amtsniederlegung.
In der Frage der Vertrauenspersonen konnte man sich noch nicht einigen. Der Bischof der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Gottfried Forck, hatte das ihm angetragene Amt kürzlich abgelehnt. Im Gespräch sind noch der frühere Präsident der Bundesverfassungsgerichts, Prof. Ernst Benda, der Potsdamer Generalsuperintendent, Günter Bransch und der katholische Pfarrer und frühere Leiter des zentralen Runden Tisches, Karl-Heinz Ducke. dpa
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