■ Terror 2000: Am Ende oder Anfang
Die Fragen, die der Autor des vorstehenden Artikels stellt, weisen auf ein Grunddilemma aller terroristischen Gruppen hin: Was tun, wenn der Erfolg da ist? Ratlosigkeit ist in der Regel der Fall, allerdings ist dieser Fall auch nicht allzu häufig. Historisch kennen wir seit Kiegsende sozusagen volle Erfolge terroristischer Tätigkeit nur bei der Befreiung aus kolonialer Herrschaft, dann nach dem israelischen Terror vor Gründung des eigenen Staates, und umgekehrt das neueste Beispiel, nach dem jahrzehntelangen – auch mit terroristischen Mitteln geführten – Kampf der Palästinenser gegen Israel. Wer will, kann auch den sizilianischen Terrorismus der 40er Jahre und den Südtiroler der 60er Jahre mit jeweils nachfolgender Autonomielösung auf die Haben-Seite schlagen. Recht viel mehr ist nicht vorzuzeigen.
Daß so manche Gruppe den Erfolg gerade deshalb nicht haben will, weil sie danach eben nicht weiter weiß, läßt sich nicht von der Hand weisen. Beleg dafür sind gerade derzeit das Baskenland und in Nordirland, wo sich der Terror in Zeiten echter, aussichtsreicher Verhandlungen gleichzeitig verstärkt und immer weiter ins Abstruse abrutscht.
Nicht immer geht es allen um die vorgegebenen Ziele der einzelnen Organisationen. Oft wird das blutige Treiben angefacht, um ein Land weiter zu destabilisieren. Italien ist das Musterbeispiel dafür, aber auch in Spanien, Griechenland, der Türkei, ja möglicherweise sogar in Deutschland ist derlei nicht auszuschließen.
Dennoch kann man die These wagen, daß die Zeit einer Lösung globaler wie partikulärer Fragen zumindest mit dem herkömmlichen Terrorismus vorbei ist. Zu sehr hat sich die Welt an tägliche Bilder des Grauens in sozusagen ganz „normalen“ Kriegen wie dem im Ex-Jugoslawien und der Ex-Sowjetunion gewöhnt, als daß ein in die Luft gesprengtes Haus, selbst wenn es das Börsenzentrum Amerikas ist, und einige Tote noch beeindrucken würden. Der Terrorismus war eine Art reduzierter Krieg in Zeiten, wo sich weder revolutionäre Klassenkämpfe noch bewaffnete Aufstände auf das Niveau des Bürgerkriegs heben ließen. Giuseppe De Lutiis
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen