: Altenwerder statt Trinkwasser
■ Interne Behörden-Berichte belegen: Die geplante Hafenerweiterung gefährdet jetzt auch Grundwasserleiter im Süden Hamburgs Von Heike Haarhoff
Durch den Ausbau des Hafens in Altenwerder könnte das Grundwasser im Hamburger Süden verseucht und die Trinkwassergewinnung erheblich gefährdet werden. Diese Bedenken äußerten Vertreter des Gesprächskreises „Alte Süder-elbe“ jetzt gegenüber der taz. Ihr Verdacht gründet auf internen Behörden-Berichten zum Planfeststellungsverfahren Altenwerder, die der taz vorliegen.
Danach ist für die Durchfahrt großer Containerschiffe der „vierten Generation“, die in Altenwerder anlegen würden, eine Fahrrinnenvertiefung im Köhlbrand von derzeit 13 auf mindestens 16 Meter nötig. „Bei dieser Elbvertiefung besteht die Gefahr, daß der obere Grundwasserleiter angeschnitten wird“, fürchtet Heinrich Quast vom Gesprächskreis. Dreckiges Elbwasser könne so in den knapp 18 Meter tiefen Wasser-Leiter fließen.
„Eine Kollision mit dem Trinkwasser gibt es nicht“, meinte hingegen ein Sprecher der Umweltbehörde. Es bestehe keine Grundwassergefährdung, und das Wasser werde ohnehin aus tiefer gelegenen Leitern bezogen. Dagegen heißt es im Bericht des Amts für Strom- und Hafenbau über „Die Planung der Inanspruchnahme von Flächen im Hafenerweiterungsgebiet für Zwecke der Hafennutzung“ wörtlich: „Die Anlage eines Hafenbeckens mit einer Wassertiefe bis zu NN -16m bedeutet (...) einen (...) schwerwiegenden Eingriff in den Grundwasserleiter, denn es besteht die Gefahr, daß belastetes Elbwasser verstärkt (...) eindringt und sich (...) Auswirkungen auf Trinkwassergewinnung ergeben können.“ Und: Ein Hafenbecken würde die Fließgeschwindigkeit des Grundwassers erhöhen, so daß schadstoffhaltiges Elbwasser die Trinkwasserbrunnen schneller und in größerer Menge erreichen würde. Ein Schutzkonzept sei zwar entwickelt worden, aber: „Langfristig kann (...) eine zusätzliche Belastung des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden.“
Inzwischen wird aufgrund der Belastung durch Industrieeinleitungen kaum noch Trinkwasser aus dem oberen Leiter gewonnen. Ein Grund zum Aufatmen ist das keineswegs. Durch die Hafenerweiterung könnte, so Manfred Brandt vom Gesprächskreis, auch der zweite, tiefer gelegene Leiter akut gefährdet werden: „Für die Schiffe müßte in Altenwerder eine Kaimauer gebaut und ganz tief im Boden verankert werden.“ Problematisch an der Konstruktion: Die Mauerpfähle könnten eine eiszeitliche Rinne rammen, die aus Sand und Kies des Elbe-Urstromtals besteht, und die wiederum höchstwahrscheinlich mit dem zweiten Grundwasserleiter verbunden ist. Würde die Rinne beschädigt, könnte Elbwasser ungehindert in den zweiten Leiter sickern. Eine Studie des Amts für Strom- und Hafenbau, in der Kartendarstellungen des Geologischen Landesamtes der Stadt Hamburg ausgewertet wurden, bestätigt, daß „im Bereich der Hafenerweiterung eine kleinere Erosionsrinne nachgewiesen“ ist. Wie gut die Abdichtung nach unten sei, „läßt sich abschließend nicht klären.“
„Laut Wasserhaushaltsgesetz wird ein sofortiger Baustopp verhängt, wenn nur theoretisch die Gefahr der Trinkwasserverseuchung besteht“, sieht Heinrich Quast erheblichen Klärungsbedarf. Der besteht allein schon deswegen, weil der Bau der Kaimauer – eigentlich recht bedeutsam für einen Hafen – noch immer nicht Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens ist. Denn im Hafenentwicklungsgesetz unterliegt jeder Bauabschnitt (Gleisanschluß, Deichrückverlegung usw.) einem gesonderten Verfahren.
Unklar ist auch, wie die Schiffe beim Verlassen von Altenwerder im Köhlbrand überhaupt wenden sollen: „Dafür sind sie viel zu groß“, so Joachim Tuschel vom Gesprächskreis. Entweder müßten sie im Sandauhafen drehen oder bereits vor dem Anlegen auf Grund gesetzt und dann mit einem Schlepper gewendet werden. Tuschel: „Total absurd und unheimlich teuer“.
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