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Alte Fragen, alte Antworten...

Frankfurt (taz) - Treffen sich zwei SDSler vor der Frankfurter Kongreßhalle. Sagt der eine: „Du, Genosse, kannst du mir sagen, wo der Hauptbahnhof ist?“ - „Hauptbahnhof? - Äh, nee, Genosse, sorry, weiß ich im Moment nicht, echt, tut mir leid...“ - „Macht überhaupt nix, aber war doch gut, daß wir mal wieder drüber gesprochen haben...“ So ungefähr könnte, am zweiten von drei Tagen vielleicht verfrüht, ein Resümmee des Frankfurter SDS–Treffens lauten; keiner wußte was (Neues), aber es war gut, daß man sich mal wieder getroffen und darüber gesprochen hat. Zumindest für die, die sich seit 20 Jahren nicht mehr gesehen und gesprochen haben - die anderen, jüngeren, hingegen fühlten sich eher zurückversetzt in ihre Proseminare Mitte der Siebziger, wo die zu Assistenten und Professoren gereiften Ex–SDSler der jungen Generation den Marxismus beibrachten. Schon damals lehrte Elmar Altvater den Kapitalismus als krisengeschütteltes Etwas und ebensolches war von ihm am Samstag in seinem Beitrag zu hören, der unter dem Thema „Alte und neue soziale Bewegungen“ stand: „Die kapitalistische Produktionsweise ist am Ende... die Akkumulation des Kapitals ist excludent, d.h. sie schließt immer mehr Menschen von den Gratifikationen aus.. die Verschuldungskrise... usw.“ Aber dann, nach 20 Jahren „Spätkapitalismus“ eine Überraschung, schließlich sollte, was schon so lange „spät“ ist, irgendwann zu Ende kommen: „Der Kapitalismus hat eine Zukunft, aber keine schöne.“ Um diese unschöne Zukunft zu verbessern bedürfe es, so im Anschluß Ursel Schmiederer, eines „radikalen Reformismus“, der wiederum nur möglich sei, wenn der alte, keynesianische Reformismus funktioniert. Joachim Hirsch, dem sie die These des „radikalen Reformismus“ entlehnte, stellte daraufhin richtig: „Wir brauchen eine Rekonstruktion der Kapitalismustheorie“, der Fehler der reformistischen Vergangenheit sei gewesen, den Kapitalismus als Struktur zu verstehen, die sich linear entwickele. Die Frage, daß etwas, was sich linear entwickelt, sich vielleicht gar nicht in eine Theorie fassen läßt, wurde indessen nicht gestellt. Dem Lob des Reformismus und Revisionismus wurde entgegengehalten, daß alle Ansätze dazu - Gemeinwirtschaft, Selbstverwaltung, Planwirtschaft - gescheitert seien. Von einer Krise des Kapitalismus könne nicht geredet werden, im Gegenteil, er funktioniere zu gut. Zum Abschluß dieser ersten Diskussionsrunde, die außer hehren Forderungen nach adäquater Theorie nichts erbracht hatte, konstatierte Reiner Langhans seine Sprachlosigkeit. Er habe Probleme damit, die letzten 20 Jahre persönlicher Entwicklung einfach zu vergessen und mir nichts dir nichts mit den alten Formeln zu hantieren, als ob nichts gewesen wäre. Was kann bei einer solchen Diskussion herauskommen? Wenig oder nichts. Langhans These bestätigte sich am Abend, als die Diskussionsleitung nach Abschluß der Debatte über die „neuen“ sozialen Bewegungen feststellte, daß man mit dieser Thematik gescheitert sei, sie müsse erneut, „aber nicht heute, frontal angegangen“ werden. Bleibt zu hoffen, daß bei diesem erneuten Frontalangriff (fast alle Teilnehmer sprachen sich dafür aus, die aufgenommenen Diskussionsfäden über Vergangenheit und Neubeginn, wie auch immer, fortzuführen) berücksichtigt wird, was Matthias Beltz in seinem kurzen, klaren Statement gefordert hatte: „Wir müssen unser Ziel ins Visier nehmen und konsequent darauf zugehen, jedoch vermeiden, es jemals zu erreichen. Sonst verlieren wir es aus den Augen!“ Im übrigen stelle sich, wenn der Kapitalismus gut funktioniere, es „uns“ aber schlecht gehe, nicht mehr die alte Leninsche Frage „Was tun?“ Stattdessen fragt man sich heute: „Wie gehts?“ Zumindest darauf hat jede/r eine Antwort parat... mbr.

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