: Als „roter Ed“ tritt Miliband nicht auf. Aber Kritik übt er
GROSSBRITANNIEN In seiner ersten Rede kritisiert der neue Labour-Chef die Fehler der Vergangenheit
DUBLIN taz | Das wichtigste Wort für die Labour Party sei „Bescheidenheit“, sagte Ed Miliband in seiner ersten Rede als Parteichef. Auf dem Parteitag der britischen Labour Party in Manchester kritisierte der 40-Jährige seine Vorgänger Gordon Brown und Tony Blair, ohne sie beim Namen zu nennen. Zwar habe die Labour Party in ihrer Regierungszeit viel erreicht, aber auch viele Fehler gemacht. „Wir müssen uns ändern“, sagt er. Und man müsse sich „schmerzhaften Wahrheiten“ stellen, zum Beispiel über den Irakkrieg, den er als falsch bezeichnete. Allerdings kritisiere er niemanden für die Kriegsentscheidung, fügte er hinzu. Außerdem habe die Partei die Besorgnis der Wähler über die Immigration ignoriert.
Um Befürchtungen zu zerstreuen, dass er als „roter Ed“, wie er von den Medien getauft wurde, sich dem Willen der Gewerkschaften unterwerfen werde, die ihm am Samstag zur Wahl als Parteichef verholfen haben, betonte er, dass er militante Gewerkschaften nicht unterstützen werde. Er akzeptierte, dass es Sparmaßnahmen geben müsse. Deshalb werde er einige Maßnahmen der Regierungskoalition befürworten. Aber man dürfe die schlechte Lage nicht noch verschlechtern. Sein Ziel sei es, das Staatsdefizit innerhalb von vier Jahren zu halbieren. Er kritisierte, dass seine Partei, als sie an der Macht war, nicht gegen die alten Sitten der Finanzwelt eingeschritten sei. „Was sagt es uns über die Werte unserer Gesellschaft“, fragte er, „wenn ein Bankmanager an einem einzigen Tag so viel verdienen kann wie ein Krankenpfleger in einem Jahr?“
Miliband betonte mehrmals in Hinblick auf sein Alter, dass nun eine neue Generation bei Labour das Sagen habe. Er unterscheide sich von Tory-Premierminister David Cameron durch seinen Optimismus. Milibands Rede wurde von seinen Labour-Kollegen wohlwollend aufgenommen, obwohl sie inhaltlich eher dürftig war.
In seiner Rede auf dem Parteitag beschwor David Miliband die Delegierten am Montag, sich hinter seinen Bruder zu stellen und Einheit zu demonstrieren. „Ich bin unglaublich stolz auf meinen Bruder“, sagte er. „Er ist etwas Besonderes für mich, und nun ist er etwas Besonderes für euch. Wir müssen alle zusammenarbeiten, um dafür zu sorgen, dass er auch etwas Besonderes für das ganze Land ist.“
Ed Miliband hat seinem Bruder das Amt des Schatzkanzlers angeboten, den zweithöchsten Job im Schattenkabinett. Ob er das Angebot annimmt, ist zweifelhaft. David Miliband, ehemaliger Vertrauter von Tony Blair, befürchtet, dass die Grabenkämpfe der Blair-Brown-Ära weitergehen könnten – diesmal in der verschärften Variante als Bruderkampf. RALF SOTSCHECK