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Alles wieder auf Anfang?

Der Bund gibt 2003 keine Mittel für den Weiterbau der Topographie des Terrors: Das Projekt sei durch Firmenpleite nicht „etatreif“. Die Bauverwaltung schreibt erneut aus. Droht wieder eine Kostenfalle?

„Die geplante Eröffnung 2005 lässt sich nicht halten.“

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Es gibt unendliche Geschichten, die nur noch nerven. Der geplante Bau des NS-Dokumentationszentrums „Topographie des Terrors“ auf dem früheren Gestapo-Gelände an der Wilhelmstraße hat diesen Punkt nun erreicht. Denn die Bundesregierung will den Bau der Gedenkstätte nach dem Entwurf des Schweizer Architekten Peter Zumthor im kommenden Jahr nicht unterstützen. Begründet wurde dies vom Büro des Staatsministers Julian Nida-Rümelin mit der Insolvenz der Baufirma, die für die Errichtung der komplizierten Stabkonstruktion zuständig war, wie die FAZ in ihrer Freitagausgabe meldete. Zugleich zeichnet sich ab, dass sich durch die Pleite von Engel & Leonhardt die 2005 vorgesehene Eröffnung auf 2006 oder später verschieben wird.

Während Nida-Rümelin in der Vergangenheit vor dem Berliner Bauausschuss noch die Zusage bekräftigt hatte, dass der Bund die Hälfte der 38,85 Millionen Euro teuren Topographie übernehmen werde, damit diese weitergebaut werden könne, storniert der Bund nun seine Mittel für 2003. Das Projekt sei mangels eines konkreten Bauunternehmens für die teure Betonkonstruktion nicht „etatreif“. Zudem erwarte der Bund vom Berliner Senat eine „neue Definition der Bauleistung“ und fordere überarbeitete Bauunterlagen, so das Büro des Staatsministers.

Engel & Leonhardt waren ursprünglich vom Land beauftragt worden, die Betonarbeiten für das filigrane Stabwerk durchzuführen. Nachdem das Angebot der Firma für die Betonstäbe sich um mehrere Millionen Mark verteuert hatte, zog der Haushaltsausschuss des Landes die Notbremse, stoppte das Bauvorhaben 1999/2000. Danach prüfte die Bauverwaltung billigere Konstruktionslösungen, entschied sich Ende 2001 für eine Alternative und vergab diese erneut an Engel & Leonhardt.

Joachim Günther, Sprecher der Bauverwaltung, räumte ein, dass die Topographie vor einer weiteren Verzögerung steht. Als Grund nannte er die notwendige europaweite Ausschreibung für den Rohbau nach der Firmenpleite. Der Auftrag werde „wohl Ende des Jahres“ erst vergeben werden können, so Günther zur taz. Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass der Bund zu seiner Finanzierungszusage steht.

Günther sagte auch, dass in der Ausschreibung sowohl die erste, teure als auch die zweite, billigere Konstruktionslösung als Bauaufgabe formuliert sei – ein merkwürdiges Verfahren, hatten doch Land und der Architekt fast zwei Jahre um kostengünstigere Varianten gerungen. Eine Antwort darauf blieb die Bauverwaltung gestern schuldig.

Andreas Nachama, Geschäftsführer der Topographie des Terrors, gab sich gestern illusionslos. „Die Eröffnung 2005 lässt sich nicht mehr halten.“ Angesichts der jahrelangen Verzögerungen, Pleiten und politischen Debatten über die Kosten wolle er keine Prognose über einen Termin abgeben. Er hoffe aber, dass die Bauverwaltung die Ausschreibung noch in diesem Jahr beenden könne.

Verärgert zeigte sich Nachama über die Interessen des Bundes. Es sei schon merkwürdig, dass sich Nida-Rümelin beim Stadtschloss auf einen Baubeginn 2004 festlege, obwohl keine Finanzierung vorhanden sei. Nachama: „Das Repräsentationsbauwerk scheint wohl wichtiger zu sein als wir.“ Er forderte den Staatsminister auf, sich zum Bau der Topographie des Terrors zu bekennen.

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