: Alles in Butter bei die Fische
DFB-Pokal: Werder Bremen – Borussia Dortmund 2:0/ Werder ist nach einer glänzenden Leistung zum fünften Mal auf Endspielkurs ■ Aus Bremen Markus Daschner
„Butter bei die Fische“ erbat sich Werder Bremens Trainer Otto Rehhagel, nachdem der Fußball- Chronist der Deutschen Presse Agentur nach einem „schönen und großartigen Spiel“ (Rehhagel) die Torwartfrage gestellt hatte. Ob denn Herr Reck nach dem Spiel in Prag... Weiter kam der kecke Frager nicht: „Schreiben Sie doch über Herrn Reck einfach, was Sie heute gesehen haben“, empfahl der Bremer Trainer und winkte dann ab: Nein, zu dem Thema keinen Kommentar. Solch eine Antwort konnte er sich leisten, denn er hatte doppelt recht: Oliver Reck war am Samstag abend beim Pokalspiel Bremen gegen Dortmund der Mann des Tages, und das Spiel war tatsächlich schön und großartig. So etwas hatten die 33.000 Zuschauer im Bremer Weserstadion in diesem Fußballjahr noch nicht gesehen. Die Bremer sprühten vor Spielwitz, waren schnell, präsentierten originelle Spielzüge im Mittelfeld und hatten gefährliche Spitzen, die Chancen gleich eimerweise in den gegnerischen Strafraum schleppten.
Das frühe Tor von Wynton Rufer in der 16. Minute durch einen wuchtigen 18-Meter-Schuß öffnete das Spiel. Dortmund versuchte mit seinen Spitzen Stephane Chapuisat und Flemming Povlsen die Bremer Abwehr auszuhebeln, aber Rune Bratseth und Dietmar Beiersdorfer hatten ihre Verteidigung gut organisiert. Was trotzdem noch vors Tor kam, fischte Reck aus der Luft oder plästerte es beim Rauslaufen aus der Gefahrenzone. Das Bremer Publikum rieb sich die Augen: Bis weit über den 16-Meter- Raum zog Reck seine Kreise. Und das sollte sich später auszahlen.
Neben dem zuverlässigen Torwart dominierte bei den Bremern das Mittelfeld: Andreas Herzog dirigierte seine Stürmer mit Lust und Laune, riß durch steile Pässe Löcher in die Dortmunder Abwehr, glänzte selbst am Ball und kämpfte im Zweikampf um jeden Millimeter Boden. Zur Seite hatte er einen Dieter Eilts, der neben seinem unermüdlichen Fleiß nun auch eigene, fast übermütige Fußball- Ideen zu entwickeln beginnt.
Dortmund war ein Gegner, der so etwas vertragen konnte. Nicht nur, daß Torwart Klos „sichere Dinger“ herausholte: Die Gelb- Schwarzen mischten munter mit. Chapuisat tanzte, Povlsen wirbelte, und eingesetzt wurden die beiden durch die langen Pässe ihres Liberos Stefan Reuter oder von Vorstopper Michael Schulz. Ein großartiges Spiel hat eben auch einen ebensolchen Verlierer.
Da stimmte einfach alles an diesem Abend: Zweikämpfe, Balltechnik, Einsatz, Doppelpässe, Steilpässe, und wenn es denn einen Wermutstropfen in diesem Fußballspiel gegeben haben sollte, dann schmeckte er nach ausgelassenen Torchancen. Aber auch das war schon wieder Kunst, wie Beiersdorfer in der 17. Minute frei vor Klos den Ball verpaßte, wie Votava in der 35. Minute vergab, wie Rufer aus zehn Metern den Ball direkt in die Arme des gegnerischen Torwarts spielte (47.) oder Eilts in der 62. Minute das leere Tor nicht traf. Oder wie Dortmunds Schulz aus halblinker Position einen strammen Hammer auf Recks Tor nagelte (41.), wie Chapuisat kurz vor der Pause an einer Fußabwehr von Reck scheiterte, wie Povlsen nach Steilpaß in der 68. Minute auf Reck zulief und am Bremer Torwart hängenblieb. Die Mannschaften waren dem 12:10 immer näher als dem 2:0. Bis kurz vor Schluß war in diesem Fußball-Krimi nicht klar, wer da eigentlich wen ermorden würde. Dann startete Reck einen seiner 30-Meter-Spurts und wollte den Ball wohl nur ins Aus dreschen: Doch das Leder drehte sich, tupfte kurz vor dem Seitenaus auf und sprang ins Feld zurück: Andreas Herzog, der Vielgelaufene, war da, rannte auf das Tor zu und wurde erst im Strafraum von Stefan Reuter illegal gestoppt: den fälligen Elfmeter zimmerte Wynton Rufer unbeeindruckt ins Tor, keine Chance für Klos, keine Chance für Dortmund.
In Bremen ist neben der Torwartfrage jetzt auch die Pokalwelt wieder in Butter.
Borussia Dortmund: Klos - Reuter - Schmidt, Schulz - Lusch, Kutowski (60. Mill), Zorc, Rummenigge (Karl) Reinhardt - Chapuisat, Povlsen
Zuschauer: 33.059; Tore: 1:0 Rufer (15.), 2:0 Rufer (85./Foulelfmeter)
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