MIT SEINEM KABINETT PROFILIERT SICH SARKOZY ALS MANN DER ÖFFNUNG: Alle Positionen besetzt
Nicolas Sarkozy hat jetzt alle Macht, die ein französischer Präsident haben kann. Bei den kommenden Parlamentswahlen kann er mit einer noch größeren Parlamentsmehrheit im Rücken rechnen. Umso erstaunlicher scheint es auf den ersten Blick, dass er Schlüsselposten der Regierung an frühere Gegner „verschenkt“. Doch dafür kann sich Sarkozy nun als Mann der Öffnung feiern lassen – und jene, die vor dem polarisierenden Sarkozy gewarnt hatten, stehen als Schwarzseher da.
Am spektakulärsten ist seine Berufung von Bernard Kouchner zum neuen Außenminister. Kouchner war einer der populärsten Sozialisten, auch wenn (oder vielleicht gerade weil) er stets am Rande der Partei stand. Wegen seines humanitären und humanistischen Engagements sahen viele in ihm ein Vorbild. Doch nun liefert er ein Exempel dafür, wie der persönliche Ehrgeiz über die Überzeugung triumphiert. Noch vorgestern hatte er als Ségolène Royals Wahlhelfer Sarkozy scharf kritisiert. Heute lobt er dessen Offenheit und Fähigkeit zum Dialog. Wem und woran sollen die Wähler da noch glauben?
Mit Kouchners „Verrat“ ist die Wahlniederlage für die französische Linke endgültig zu einem peinlichen Debakel geworden. Daran kann auch Kouchners Parteiausschluss, der auf dem Fuße folgte, nichts ändern. Sarkozys Schachzug ist perfekt, auch wenn dabei Moral und Glaubwürdigkeit auf der Strecke bleiben. Mit seiner List gibt er ausgerechnet dem Rechtsextremisten Jean-Marie Le Pen recht: Der hatte schon immer behauptet, im politischen „Establishment“ steckten die Linken und die Rechten letztlich unter einer Decke.
Noch einen Schritt weiter ging Sarkozy, als er vor dem Mahnmal für die Gefallenen der Résistance einen Kriegshelden der Kommunisten, den 1941 von der Gestapo füsilierten 17-jährigen Guy Môquet, für sich in Beschlag nahm. Damit erhob er symbolisch Ansprüche auf die geschichtliche Legitimität der Linken. Zugleich und fast en passant versucht er, den Zentrumsdemokraten François Bayrou durch seine (bescheidene) Öffnung zur Mitte hin zu isolieren. Offensichtlich will der neue Präsidenten der Opposition so wenig Spielraum wie möglich lassen. RUDOLF BALMER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen