: Alibi für OPEC-Angeklagte
■ Ex-Innenminister Maihofer: Die Angeklagte Gabriele Tiedemann war nach „seriösen Quellen“ zur Zeit des Wiener OPEC-Anschlags im Jemen / Der Prozeß wird möglicherweise eingestellt
Köln (ap/taz) - Im Kölner OPEC-Mordprozeß gegen die ehemals dem „2. Juni“ zugehörigen Gabriele Tiedemann hat der frühere Bundesinnenminister Werner Maihofer der Angeklagten am Montag ein Alibi gegeben. Der FDP-Politiker sagte vor der 12. Strafkammer des Kölner Landgerichts, nach Erkenntnissen aus „seriösen Quellen“ habe sich die Angeklagte zum Zeitpunkt des Wiener OPEC-Überfalls im Südjemen aufgehalten. Maihofer berief sich dabei auf Berichte aus dem Bundeskriminalamt und dem Auswärtigen Amt. Der ebenfalls als Zeuge auftretende jetzige Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Boeden, wollte sich der Auffassung Maihofers jedoch nicht anschließen.
Gabriele Tiedemann ist angeklagt, am 21. Dezember 1975 gemeinsam mit fünf Gesinnungsgenossen unter Anführung des international gesuchten Terroristen „Carlos“ in die Wiener OPEC-Zentrale eingedrungen zu sein und zahlreiche Geiseln genommen zu haben. Damals waren ein österreichischer Polizist und zwei Leibwächter der Erdölminister getötet worden. Die Anklage geht davon aus, daß Tiedemann bei dem Überfall den Polizisten und einen irakischen Leibwächter erschossen hat.
Maihofer betonte dagegen: „Noch in den letzten Tagen nach dem OPEC-Überfall hatten wir verschiedene Hinweise, nach denen sich die Terroristen im Südjemen aufgehalten haben.“ Er fügte hinzu: „Wir waren uns damals ganz sicher.“ Gabriele Tiedemann war im Frühjahr 1975 gemeinsam mit vier weiteren Terroristen in den Südjemen ausgeflogen worden, nachdem sie von den Entführern des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz freigepreßt worden war. Der jetzt in Köln laufende Prozeß kam mit etlichen Jahren Verspätung zustande, da die deutsche Justiz es mit einer Anklage nicht eilig hatte. Angeblich soll es Drohungen des legendären „Carlos“ gegeben haben, die die Bundesanwaltschaft dazu veranlaßte, den Prozeßbeginn zu verzögern. Schon deshalb ist die Beweislage jetzt so schlecht, daß der Prozeß möglicherweise eingestellt wird.
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