piwik no script img

Algeriens Moslems für runden Tisch

■ Mit einer Großdemonstration bekräftigte „Islamische Rettungsfront“ Wunsch nach Reformen

Algier (afp) - Abassi Madani, Führer der algerischen „Islamischen Rettungsfront“ (FIS), die am vergangenen Freitag eine Massendemonstration zum Präsidentenpalast in Algier organisierte, hat am Wochenende alle politischen Parteien des Landes dazu aufgerufen, sich gemeinsam auf weitreichende politische und wirtschaftliche Reformen zu konzentrieren. Madani, der zugleich Sprecher der ersten konfessionellen Partei Algeriens ist, meinte auf einer Pressekonferenz in einem Vorort der algerischen Hauptstadt, „die Reformen sollten dem Volk die ihm zukommende Rolle zurückgeben“. Der algerische Moslemführer rief deshalb zur Bildung eines runden Tisches auf, bei dem alle Parteien sowohl den Inhalt als auch das Tempo der Reformen festlegen sollten.

Zu der Demonstration, an der nach vollmundiger Behauptung Madanis „mehrere Millionen Menschen“, nach Angaben des Innenministeriums 30.000 und nach Schätzung von Beobachtern etwa 100.000 Personen teilgenommen hatten, sagte er FIS -Vorsitzende: „Wenn dieser Marsch in einem anderen arabischen Land stattgefunden hätte, wären Tausende von Opfern zu beklagen. Daß es dazu nicht kam, beweist die Einheit des algerischen Volkes.“ Die vollkommen friedlich verlaufende Demonstration führte vom Platz des 1.Mai im Stadtzentrum zum Präsidentensitz. Unter starken Sicherheitsvorkehrungen von Veranstaltern und Ordnungskräften marschierten an der Spitze der Demonstration Madani und andere Parteiführer. Auf Spruchbändern war in Französisch und Arabisch zu lesen: „Nein zum Laizismus“, „Islam Toleranz“ und „Weder Ost noch West, der Islam ist am besten“.

„Wir haben uns zur Veranstaltung dieser Demonstration entschlossen“, erläuterte Madani anschließend, „weil es keinen ernsthaften Dialog mit der gegenwärtigen Regierung gibt.“ Auf sein bisher einziges Gespräch mit Staatschef Chadli Benjedid vom 8.Januar anspielend, meinte der Moslemführer weiter: „Indem wir öffentlich unsere Forderungen darstellten, wollten wir zeigen, daß es sich nicht um ein Problem zwischen dem Präsidenten der Republik und dem Präsidenten der FIS handelt, sondern um eine Angelegenheit des Volkes.“ Sollten diese Forderungen nicht erfüllt werden, so Madani weiter, wird die Entscheidung dem Volk selbst obliegen, wobei das Handeln der FIS auch weiterhin von „Besonnenheit und Gewaltlosigkeit geprägt“ bleiben werde. Der Dialog sei der einzig gangbare Weg, bekräftigte Madani abschließend noch einmal.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen