: Albanien: Erste Sitzung ohne die Opposition
Tirana (dpa) — Das albanische Parlament beschloß auf der ersten Sitzung der nach demokratischen Grundsätzen gewählten Volksvertretung am Montag die Bestellung der neuen Regierung, außerdem stand die Wahl des Staatspräsidenten und die Verabschiedung einer neuen Verfassung auf der Tagesordnung. Allerdings haben die Abgeordneten der oppositionellen Demokratischen Partei erklärt, der konstituierenden Sitzung des Parlaments fernzubleiben. Die regierenden Kommunisten seien ihrer Aufforderung nicht nachgekommen, die Untersuchungsergebnisse über die blutigen Auseinandersetzungen in Shkoder am 2. April zu veröffentlichen. Damals waren in der nordalbanischen Stadt bei einer Demonstration gegen das Wahlergebnis fünf Menschen, unter ihnen hohe demokratische Funktionäre, getötet worden.
Ein Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft hatte am Sonntag versichert, daß man sich um eine schnelle Aufklärung bemühe. Die Ermittlungen seien wegen „des Mißtrauens und des Schweigens möglicher Zeugen“ erschwert. Er gab jedoch zu, daß die Polizisten ihre Befugnisse überschritten hätten, als sie bei dem Versuch, die Demonstranten zu zerstreuen, gezielt in die Menge statt in die Luft geschossen hätten. Die lokale KP-Führung von Shkoder war nach den Zwischenfällen abgelöst worden.
In dem am 31. März und 7. April gewählten Parlament haben die Kommunisten eine Zweidrittelmehrheit, mit der sie Verfassungsgesetze auch gegen die Stimmen der Opposition durchsetzen können. Allerdings machen sich nach einem Bericht der albanischen Tageszeitung 'Republika‘ vom Montag innerhalb der Kommunistischen Partei Spaltungstendenzen bemerkbar. Dadurch könnte die Zweidrittelmehrheit in absehbarer Zukunft wieder in Frage gestellt werden. Einige dem Reformflügel der Partei angehörende Abgeordnete haben angeblich die Absicht, einer sich in Gründung befindlichen Sozialdemokratischen Partei beizutreten.
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