: Alba turnt nach oben
■ Mit dem 84:78 gegen Real verbessern Berlins Basketballer ihre Chancen in der Europaliga
Am Ende der Europaligapartie gegen Real Madrid war es wie in den besten Europaligatagen von Alba Berlin: Kaum einen der knapp 7.000 Besucher hielt es mehr auf den Bänken, wildes Gebrüll begleitete jeden Angriff der Berliner, inbrünstige Defense-Choräle folgten den Attacken der Madrilenen. Auf der einen Seite rutschte ein in höchster Not absolvierter Fernwurf von Frankie King unversehens durch den Korb, auf der anderen prallte ein Schuss des sonst so unfehlbaren Real-Spielers Aleksandr Djordjevic am Korbrand ab. Auf einmal lag Alba mit ein paar Punkten vorn, Freiwürfe von Okulaja und King sicherten einen 84:78-Sieg, der Minuten vorher unmöglich schien. Symptomatisch für die Steigerung des gesamten Teams war die Steigerung von Frankie King, der 21 seiner 30 Punkte nach der Pause holte.
Es gibt nicht viele statistische Europaliga-Kategorien, in denen Alba in den Top Ten auftaucht. Eine davon sind die Steals. Bei den Ballgewinnen ist Frankie King die Nummer eins in Europa, Signal für eine Intensität in der Defense, die der Amerikaner in der ersten Spielhälfte vermissen ließ. Sein Gegenspieler Djordjevic konnte nach Belieben punkten. Dass Alba einigermaßen dranbleiben konnte, war in erster Linie das Verdienst von Wendell Alexis.
„Wenn Frankie nicht in der Defense im Rhythmus ist, trifft er nicht in der Offense“, bemerkte Alba-Coach Svetislav Pesic vollkommen richtig und fügte an: „Wir haben aber an Frankie geglaubt.“ Mit Recht. Nach der Pause gelangen ihm bald die ersten Steals, und fortan fanden auch einige seiner desparatesten Würfe den Weg in den Korb. „Wenn man von jemand erwartet, dass er trifft“, verteidigte Pesic seinen Spielmacher gegen den Vorwurf des Egoismus, „dann muss man hinnehmen, dass er auch Würfe nimmt, die nicht so gut sind.“
Der furiose Endspurt, den Alba auf das Parkett der Max-Schmeling-Halle legte, demonstriert, dass das Team mittlerweile Tugenden aufweist, die man vor wenigen Wochen, etwa gegen Panathinaikos Athen, noch vermisste. „Wir haben uns aus eigener Kraft befreit“, lobte Pesic seine Mannschaft, die sich „wie ein Turner“ emporgehangelt habe. Früher als im vergangenen Jahr, wo es sieben Europaliga-Niederlagen in Folge hagelte, hat sich die aktuelle Mannschaft gefunden, und anders als das damalige Team verfügt sie mit Frankie King über einen gefährlichen Scorer, der auch dann Punkte liefern kann, wenn alle anderen ein wenig neben sich stehen.
„Wir haben uns untereinander gefunden“, freut sich der Trainer, der nach dem vierten Sieg optimistisch vorwärts blicken kann. Die Chance, dass die Mannschaft als Dritter der Vorrundengruppe B in die nächste Phase gehen kann, ist hervorragend. „Dann haben wir gute Aussichten auf die Play-offs“, sagt Pesic. Aber auch, wenn nach den nächsten Partien in Kaunas und Ljubljana nur der vierte Rang herausspringt, „ist gut, dass wir heute gewonnen haben“, so der Trainer.
Das Achtelfinale ist mit dem Erfolg gegen Real Madrid jedenfalls erheblich näher gerückt, und Kapitän Henrik Rödl ist sicher: „Wenn wir uns weiterentwickeln, sind wir gut für die Play-offs gerüstet.“ Fast wie in den besten Europaligatagen von Alba Berlin.
Matti Lieske
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