: Alba muss langsam zittern
Gegen die Kölner Mannschaft ihres Extrainers Svetislav Pesic kassieren die Berliner Basketballer mit 76:85 ihre erste Heimniederlage und damit schon die dritte Schlappe der jungen Bundesligasaison
von MATTI LIESKE
„Da spielt Alba gegen Alba“, hatte Berlins Trainer Emir Mutapcic schon vor dem Match gegen RheinEnergy Köln gesagt, das mit Trainer Svetislav Pesic, Manager Stephan Baeck und den Spielern Sasa Obradovic, Vladimir Bogojevic, Drazen Tomic und Stephen Arigbabu gleich sechs tragende Kräfte besitzt, die früher in Diensten des Deutschen Meisters der letzten fünf Jahre standen. So gesehen ist schwer zu sagen, wer diese Bundesliga-Partie am Ende eigentlich mit 85:76 gewonnen hatte – am ehesten wohl Alba Köln gegen Alba Berlin.
Eine Darstellung, der Stephan Baeck sofort aufs Heftigste widersprach. „Wir wollen nicht Alba kopieren“, wehrte der Konstrukteur des siegreichen Bundesliga-Newcomers vom Rhein den Verdacht ab, bei seinem Team handle es sich um eine Art Filiale der Berliner. „Wir wollen nehmen, was wir hier gelernt haben, und es in eine eigene Identität ummünzen“, fügte er stolz hinzu.
Mit der Identität haben die Kölner, denen eine Art Wildcard die Bundesligazugehörigkeit ermöglichte, noch ihre Probleme. In Köln, wo seit dem Niedergang des legendären Basketball-Klubs Saturn Fußball und Eishockey unumschränkt herrschten, müssen Fans und Sponsoren erst mühsam zurückgewonnen werden. Svetislav Pesic hofft, dass der süße Sieg bei den Berlinern, welche die Bundesliga seit Jahren dominieren, ein großer Schritt in die kühn projektierte Zukunft ist, zumal die Partie live in Sat.1 als Aufgalopp zum Ukraine-Spiel der Fußballer serviert wurde und sich als überaus ansehnlich erwies. „Wir haben noch kein festes Publikum“, sagte der Coach, „ich hoffe, dass dieser Erfolg auch den Leuten in Köln zusätzliche Motivation gibt.“
Pesics Mischung aus osteuropäischer und US-amerikanischer Basketballschule war von vornherein als potenzieller Konkurrent für den Berliner Dauermeister gehandelt worden. In der ausverkauften Max-Schmeling-Halle zeigten die Kölner vor 8.500 Zuschauern, dass sie schon nach wenigen Saisonspielen auch die Harmonie besitzen, um den Vorschusslorbeeren gerecht zu werden. „Natürlich ändert sich etwas, wenn man auswärts gegen eine solche Mannschaft wie Alba gewinnt“, war Pesic ohne weiteres bereit, die Rolle des Herausforderers zu akzeptieren.
Ein Schlüssel des Erfolges war, dass seine Spieler besser mit der Besonderheit dieser von starker Defensive geprägten Partie zurecht kamen. „Ich habe ihnen gesagt, ihr habt hier nichts zu beweisen“, verriet Pesic. Emir Mutapcic dagegen musste einräumen, dass seine Akteure eindeutig „übermotiviert“ gewesen seien. Zu großer Eifer schlug in Hektik und Ballverluste um. „25 Minuten lang haben wir nicht gemacht, was wir sonst machen“, sagte Mutapcic. In den restlichen 15 Minuten, die Baeck „grandios“ nannte, holte Alba einen zweistelligen Rückstand auf, doch die Kölner behielten die Ruhe und ein Dreier von Tomic entschied das Match endgültig für sie. Überragender Akteur auf dem Feld war Bogojevic mit 21 Punkten und 6 Rebounds, wirkungsvoll assistiert vor allem vom routinierten Europameister Obradovic sowie den US-Amerikanern C. C. Harrison und Reggie Bassette.
Die Bundesliga ist deutlich spannender geworden, was nicht nur an Köln liegt. Drei Niederlagen hat Alba nun schon auf dem Konto, doch das ist laut Pesic keineswegs darauf zurückzuführen, dass die Berliner schwächer geworden sind. „Alle anderen Mannschaften sind besser geworden“, sagt der Kölner Trainer und verweist besonders auf Leverkusen, Bonn und Frankfurt. „Wenn wir auch dazu gehören, freuen wir uns.“ Den Glauben an seine alte Liebe hat Svetislav Pesic trotzdem nicht verloren: „Alba ist nach wie vor die Mannschaft, die ganz genau weiß, wie man sein Niveau hält.“ Emir Mutapcic hörte es mit Wonne, richtig überzeugt sah er allerdings nicht aus. Vermutlich kennt er Pesic zu gut, um nicht einen kleinen Psychotrick hinter dem Lob zu wittern.
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