■ Aktion der „Bremischen Freiheit für Deserteure“: Dank an die Verweigerer
Vorne lächelt die Gipstaube, hinten scheißt sie auf den Stahlhelm, auf dem sie hockt. „Dankmal“ – nicht Denkmal – für Kriegsdienstverweigerer heißt die Komposition, die die Initiative „Bremische Freiheit für Deserteure“ gestern zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerer auf dem Präsident-Kennedy-Platz aufgestellt hatte. „Wir scheißen auf die Bundeswehr“: Diese Botschaft soll das holde Täubchen vermitteln, erklärt Joachim Fischer, Mit-initiator der Aktion, und gemeinsam mit Petra Klatte Schöpfer des Dankmals.
Aber um die Bundeswehr ging es den neun Menschen gestern weniger, die den Passanten Zettel oder Stifte in die Hand drückten, um auf einer Unterschriftenliste zu unterzeichnen. Bremen soll, so fordert die Initiative, wie andere Städte auch endlich ausländische De-serteure aufnehmen (die taz berichtete). Was in Münster, Osnabrück oder Bonn möglich ist, ist in der Hansestadt noch kein Thema. „Keinen Handlung-sbedarf“ für eine spezielle Aufenthaltserlaubnis für Deserteure sieht der Sprecher des Innenressorts, Hartmut Spiesecke, schließlich habe noch kein Deserteur um Aufnahme gebeten. Und wenn doch, dann gilt: „Jemand, der als Deserteur kommt, hat dieselben Möglichkeiten wie alle anderen Flüchtlinge auch.“ Nämlich um Asyl zu bitten und zu hoffen, als politisch Verfolgter durchzukommen.
Die SPD-Bürgerschaftsfraktion steht der Thematik etwas aufgeschlossener gegenüber: „Wir begrüßen die Initiative, Deserteuren Schutz zu bieten“, sagte gestern Hermann Kleen, innenpolitischer Sprecher der Fraktion. Aber: „Wir müssen wissen, wie das rechtlich handhabbar ist. Das wollen wir rausfinden.“ Was konkret die SPD in der Sache unternehmen werde, das wusste Kleen gestern noch nicht. Erst mal „werden wir das intern erörtern.“
Zwar ist den Genossen bekannt, dass die Initiative schon mehrfach von sich und ihrem Anliegen reden gemacht hat. Doch gekümmert habe man sich darum nicht immer, so der SPD-Mann, und überdies habe es Ende der letzten Legislaturperiode in der Bürgerschaft eine Debatte dazu gegeben. Die Prob- lematik erneut hier zum Thema zu machen, findet er, „hat vielleicht nicht viel Sinn.“
Derweil sammelten Joachim Fischer und seine Mitstreiter gestern viele Unterschriften von Menschen, die ihre Forderung unterstützen. Und Meinungen. „Wissense was“, wurde Mit-initiator Armin Stolle von einem Mann vor Ort aufgeklärt, „ich könnt' mich totlachen, wenn's immer heißt, wir demonstrieren für den Frieden. Schon mal jemand gesehen, der für den Krieg demonstriert?“ Das angestrengte Grinsen wich aus Armin Stolles Gesicht erst sehr viel später. sgi
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