: Akademisches Affentheater
■ „Bericht für eine Akademie“ in den Kammerspielen
Affen halten wir für die schlauesten Tiere – immerhin sind sie nahe Verwandte von uns. 1919 zeigte Franz Kafka in einer Erzählung, daß sich Affen, wenn sie nur wollen, die menschliche Sprache aneignen und auf Anfrage sogar einen Bericht für eine Akademie vorlegen können.
Den spricht im Rahmen des Nachwuchs-Festivals Die Wüste lebt in den Hamburger Kammerspielen der Affe Rotpeter (René von Hof) vor laufender Kamera. Ein Fernsehteam dokumentiert Rotpeters Verwandlung, seinen Weg zum Varietékünstler. Das große Geld und der nicht mehr zu steigernde Erfolg sorgen aber kaum für Glücksgefühle unterm Affenpelz. Der ist Rotpeter nämlich geblieben. Zum Beweis zeigt von Hof seinen behaarten Oberkörper. Daß Affen mit dem Bauch denken, ist ein weiteres Überbleibsel. Den animalischen Zustand illustriert von Hof mit einem Dschungeltanz zu Musik von Tom Waits, bekleidet mit Shorts und Tennissocken.
Derartig lärmige Szenen halten sich mit den stillen, nachdenklichen leider nicht die Waage. Der Affe ist hier ein Schauspieler und, wie bei Kafka, schlau, aber traurig. Er ist der einzige, der Einsicht in das menschliche Affentheater hat. Warum können Menschen nicht so klug sein?
Liv Heidbüchel
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