■ Mann des Tages: Der Trainer mit der unmöglichen Mission: Aimé Jacquet (hört sowieso bald auf)
Er skizziere, so hat der Spieler Youri Djorkaeff einmal über den Trainer Aimé Jacquet erzählt, schon vorher exakt, wie das Spiel später ablaufen werde. Und: „In neun von zehn Fällen passiert alles genau so.“ Daß man sich so in Frankreich nicht allzu beliebt macht, ist aber auch vorhersehbar.
Wenn Erfolg ein Maßstab ist, dann ist Jacquet zweifellos ein guter Trainer. In viereinhalb Jahren Amtszeit hat er nur dreimal verloren, die Serie von 30 Spielen ohne Niederlage sind Weltrekord. Allzu beliebt ist er trotzdem nicht. Zu rational läßt er spielen, ist der Vorwurf. Im Vergleich zum Glanz von Michel Platini sieht Jacquet immer bläßlich aus. Daß Platini aber als Teamchef so erbärmlichen Defensivfußball spielen ließ, daß bei der EM 1992 verdientermaßen schon die Vorrunde Endstation war, hat die französische Öffentlichkeit längst erfolgreich verdrängt.
Weltmeister, darin weiß sich Jacquet mit Brasiliens Zagallo und den meisten anderen Nationaltrainern auf einer Linie, wird man nicht mit dem Fußball, den die Franzosen sehen wollen. Bei dieser WM hat er trotzdem einige seiner Prinzipien fahrenlassen und das spielen lassen, was Berti Vogts „Champagnerfußball“ nennt. Den Franzosen hat das gefallen. Wie gefährlich das aber auch sein kann, hat der glückliche Achtelfinalerfolg gegen Paraguay gezeigt. Und schlußendlich zählt auch in Frankreich dann doch nur der Erfolg.
So könnte heute, nach dem Spiel gegen Italien, Aimé Jacquet seinen Job los sein. Das wäre aber auch nur eine Woche früher als geplant. Schon lange hat er verkündet, daß nach der WM Schluß ist – mit oder ohne Titel. Denn so oder so: Sonderlich beliebt wird der Mann eh nicht mehr. Thomas Winkler
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