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■ Agrarsoziale Gesellschaft startet einmaliges ProjektGesucht: ausländerfreundliches Dorf

Göttingen (taz) – Nach dem umweltfreundlichen sucht die in Göttingen ansässige Agrarsoziale Gesellschaft (ASG) das ausländerfreundliche Dorf. Im Rahmen eines jetzt gestarteten und auf zwei Jahre angelegten Projektes wählen die ASG-Forscher zwei oder drei Landgemeinden aus, die ein harmonischeres Miteinander von deutschen und ausländischen StaatsbürgerInnen erproben wollen. „Wir wollen“, so ASG-Geschäftsführer Becker, „Mittel und Wege finden, wie die einheimische Bevölkerung auf dem Land und die den Dörfern zugewiesenen Flüchtlinge zusammengebracht werden können. Wie man Kontakte herstellt, wie man Begegnungsmöglichkeiten schafft.“

Der Wunsch, „mit unseren Möglichkeiten und in unserem Bereich“ gegen die grassierende Ausländerfeindlichkeit anzugehen, war Vater der Projektidee. Gerade auf dem Land, hat Becker beobachtet, haben sich die sozialen Spannungen zwischen Einheimischen und Auswärtigen in den letzten Jahren erheblich verschärft. Beide Bevölkerungsgruppen wüßten trotz unmittelbarer räumlicher Nachbarschaft oft wenig voneinander, viele Dorfbewohner fühlen sich zudem bei den Entscheidungen der Politiker über Standorte von Flüchtlingswohnheimen übergangen oder befürchteten – etwa durch die Belegung von Turnhallen mit AsylbewerberInnen – den Verlust kommunaler Einrichtungen. Aber auch die Fremden, so Becker, „haben oft keine Ahnung davon, wie die einheimische Bevölkerung lebt“. Beide Seiten zeigten wenig Bereitschaft zur Kommunikation, „und genau da wollen wir mit unseren Ideen und Vorschlägen ansetzen“.

In den kommenden Wochen will ASG-Forscher Djawad Barádaran die Dörfer für das Vorhaben auswählen. Der aus dem Iran stammende Agraringenieur ist zuversichtlich, daß genügend Kommunen am dem Vorhaben Interesse bekunden. „Eine gewisse positive Grundstimmung“ und Offenheit gegenüber dem Projekt müßten sie allerdings mitbringen. Mit den Gemeinderäten, den örtlichen Vereinen und Verbänden sowie den in den jeweiligen Orten lebenden AusländerInnen will Barádaran dann „so schnell wie möglich“ konkrete Schritte für gemeinsame Aktivitäten besprechen. Denkbar seien etwa gemeinsame Initiativen im Bereich des Umweltschutzes, „eine große Aufräumaktion im Wald zum Beispiel“. Auch gemeinsame Kulturveranstaltungen oder Gesprächskreise könnten dazu beitragen, das gegenseitige Mißtrauen abzubauen. Die ASG wolle aber „nichts bestimmen, sondern nur beraten“. Als praktisches Ergebnis ihrer Studien wollen die Göttinger Forscher ein kleines Handbuch oder eine Broschüre vorlegen – eine Art ausländerpolitischen Leitfaden für interessierte Kommunalpolitiker, Mitglieder von Kirchengemeinden und „alle, die damit etwas anfangen können“. Reimar Paul

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