: Afrika bleibt abgehängt vom Wirtschaftswachstum
■ Fall der Exporteinnahmen um 16 Milliarden Dollar / Agrarproduktion gestiegen
Addis Abeba (dpa/vwd) - Die Aufschwung–Beschwörungen, die aus den Mündern der W hinter dem Bevölkerungsanstieg (rund drei Prozent) zurückgeblieben. Zugleich gab es auf dem Kontinent einen dramatischen Fall der Exporteinnahmen um 27 Prozent. Die Auslandsschulden stiegen um rund 18 Prozent auf fast 200 Milliarden US–Dollar (400 Mrd. DM) an. Die ökonomischen Aussichten für 1987 sind weiterhin „recht unsicher“. Dies ist der Tenor des Jahresberichts der UNO–Wirtschaftskommission für Afrika (ECA), der jetzt veröffentlicht wurde. Zugleich außerte sich der ECA– Exekutiv–Sekretär, Prof. Adebayo Adedeji (Nigeria), enttäuscht über den realen Rückgang der internationalen Entwicklungshilfe. Dies gelte insbesondere für eine Entscheidung des US–Kongresses aus jüngster Zeit, die Hilfe für Afrika „um fast 40 Prozent zu verringern“. Bei dem Fall der Exporterlöse von 60,6 Milliarden (1985) auf 44,3 Milliarden US–Dollar handele es sich wahrscheinlich um den stärksten Rückgang seit der Weltwirtschaftsdepression vor 50 Jahren, sagte Adedeji. Er sei vor al lem durch den Rückgang der Rohstoffpreise sowie dem Kollaps der Ölpreise verursacht. So seien die Exporteinnahmen der neun afrikanischen Erdölexporteure um 36 Prozent gesunken. Als Folge des Einbruchs der Deviseneinnahmen und des Schuldendienstes seien auch die Importe Afrikas insgesamt um fast 21 Prozent auf 52,2 Milliarden US–Dollar (rund 104 Mrd. DM) gefallen. Ein Rückgang der Importe hat nach Ansicht von Experten im allgemeinen ein Sinken der industriellen Produktion zur Folge, da viele afrikanische Staaten nicht mehr notwendige Rohstoffe und Ersatzteile einführen können. Ohnehin sind die afrikanischen Industrien durchschnittlich nur zu etwa 30 Prozent ausgelastet. Die wachsenden Auslandsschulden sind nach den Worten Adedejis, „mehr und mehr untragbar geworden“. Den Schätzungen zufolge belaufen sich die Schulden auf derzeit 44 Prozent des jährlichen Sozialprodukts und auf 190 Prozent der jährlichen afrikanischen Exporteinnahmen. Allein der jährliche Schuldendienst übersteige durchschnittlich 30 Prozent des Sozialprodukts der Länder. Positive Ergebnisse habe es 1986 lediglich im Agrarsektor gegeben, dem Rückgrat der afrikanischen Volkswirtschaften. Mit einem Anstieg von drei Prozent sei der Zuwachs in der Landwirtschaft erstmals seit den 70er Jahren größer als der Bevölkerungsanstieg gewesen, sagte Adedeji. Die westafrikanischen Länder Burkina Faso und Gambia hätten gar einen 20–prozentigen Anstieg der Getreideproduktion verbucht. Dennoch „werden viele afrikanischen Länder auch 1987 zunehmend Nahrungsmittelhilfen benötigen, um ihre strukturellen Defizite auszugleichen“. Dies gelte vor allem für Angola, Mosambik, Äthiopien, Sudan und Somalia, wo es Guerillakrieg und Millionen Flüchtlinge gibt. Anerkennend äußerte sich die UNO–Organisation über die marktwirschaftlichen Wirtschaftsreformen in zahlreichen Staaten. Durch drastische Abwertungen der künstlich hohen Wechselkurse, Anhebungen der Lebensmittelpreise, drastischer staatlicher Sparpolitik sowie „institutionellen Reformen“ sei es gelungen, die wirtschaftliche Initiative zu wecken. Allerdings verwies Adedeji auch auf die „großen politischen Risiken, wie die jüngsten Unruhen und gewalttätigen Demonstrationen in Sambia klar zeigen“.
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