piwik no script img

Äußerst diskriminierend

■ betr.: „Gimme five!“, taz vom 22./23. 10. 95

[...] Ich habe bislang Ihre journalistische Arbeit als bereichernd und meinungsbildend empfunden, die häufig auch als Argumentationshilfe in politischen Auseinandersetzungen hilfreich ist, zumal oft tatsächlich das berichtet wird, was woanders nicht steht. Insbesondere habe ich Ihre Berichterstattung um O.J. Simpson und den Marsch auf Washington intensiv und aufmerksam verfolgt. Ich fand die auch hier unterschiedlichen Auffassungen fair und der Sache angemessen dargestellt.

Um so unerträglicher ist es mir dann, daß ich ausgerechnet bei Ihnen von „den grünen Frauen, die den Charme des Negers entdecken“ lesen muß. Erst glaubte ich, es handele sich um eine schlechte Satire! Weiter unten mußte ich dann feststellen, daß Ihre Schreiberin es wohl ernst meinte, als sie zweimal in äußerst diskriminierender Weise von dem „Prolo-Macho- Negermann“ sprach, womit sie gleich mehrere Bevölkerungsgruppen in primitivster Weise herabsetzte. [...] Darüber hinaus wird die von ihr so sehr bekrittelte Geste in den USA sowohl von weißen Männern als auch von Frauen und Mädchen benutzt. Über solches sollte sich die Schreiberin, die offenbar nichts wirklich Wichtiges zu sagen hat, vielleicht mindestens informieren. Petra Nolte-Ngom, Hannover

[...] Es scheint mir, daß es der Autorin und der Redaktion immer noch nicht in den Kopf gekommen ist, daß es auch eine ganze Reihe von schwarzen Zeitungslesern und -leserinnen gibt, die durch eine solche Schreibe genauso ignoriert wie diskriminiert werden. Ein solcher Artikel läßt jedenfalls tief auf unverarbeitete Angst- und Haßgefühle blicken. Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit inhaltslosen Wahlplakaten trägt er jedenfalls nicht bei. Nii Addy, Berlin

[...] Merkwürdigerweise schafft es insbesondere die Kulturredaktion, mit einzelnen Artikeln ein Niveau zu unterschreiten, daß selbst bei den sogenannten bürgerlichen Konkurrenzblättern schlicht Standard ist und mich vor bösen Überraschungen am Samstagmorgen schützt. [...]

Der Begriff „Neger“ ist inzwischen bei der aufgeklärten Öffentlichkeit (und insbesondere bei denen, die sich irgendwie mit politischen Diskussionen in den USA befassen) aufgrund seines historisch gewachsenen rassistischen Bedeutungsgehalts diskreditiert und wird daher nicht mehr verwendet. Im übrigen hat die auf dem Plakat der Bündnisgrünen abgebildete Geste weder etwas mit „Gimme five“ zu tun noch ist es angebracht, die Geste „Gimme five“ in irgendeiner Form als eine „Prolo-Macho-Negermann-Begrüßungsgeste“ zu verunglimpfen, wie es die Autorin in ihrem verbohrten Pseudo-Feminismus tut. Griet Newiger, Berlin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen