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Ade, »Insel der Seligen«

■ Im neuen DFB-Konzept gibt es keinen Platz mehr für eine eigenständige Berliner Amateur-Oberliga/ Unprofessionelle Kickerelite wird über die Ex-DDR verteilt

Berlin. Noch vor wenigen Wochen schwelgte Reiner Gentz, Geschäftsführer des Berliner Fußballverbandes (BFV), in Großmachtträumen. Warum, fragte der Funktionär selbstbewußt, sollte eine reformierte Berliner Amateur-Oberliga im vereinten Deutschland nicht sogar Vereine der umliegenden neuen Bundesländer umfassen? Auch die 'Fußball-Woche‘ sah Fußball-Berlin bereits über die Stadtgrenzen schwappen. Das konservative Blatt sprach sich unverhohlen für sportliche Klub-Anleihen in Sachsen-Anhalt oder Brandenburg aus.

Daraus wird nun nichts. Schlimmer noch: Eine stadteigene Amateur-Oberliga wird es in Berlin ab der Saison 1991/92 nicht mehr geben. Die 16 Berliner Eliteplätze, verkündete Hans-Georg Moldenhauer, Präsident des zukünftigen Regionalverbandes Nordost im Deutschen Fußballbund (BFB), werden auf zwei oder drei ostdeutsche Oberligen verteilt.

Acht Berliner Vertreter, so das Reformpapier, sollen demnach in einer »Oberliga Mitte« gegen die Konkurrenz aus Sachsen-Anhalt sowie Brandenburg antreten, während es die restliche »Macht der Spree« mit Klubs aus Mecklenburg-Vorpommern zu tun bekommen wird (Oberliga Nordost). Lediglich die Oberliga Süd, in der sich Teams aus Sachsen und Thüringen gegenüberstehen, verzichtet auf preußische Zutaten.

»Dieses Modell findet unsere volle Unterstützung«, begrüßte BFV-Präsident Otto Höhne den Moldenhauer-Plan. Höhne bleibt auch nichts anderes übrig. Die »Konzentration der Kräfte« im deutschen Amateurfußball hat längst eingesetzt. Berlin galt lediglich als politisch bedingter Anachronismus. Das Schicksal der anderen bundesdeutschen Stadtstaaten Hamburg und Bremen, die längst mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Oberliga Nord bilden, unterstreichen diese Tatsache.

Die Vorsitzenden der betroffenen Berliner Amateurligisten können allerdings nicht ohne Magenschmerzen in den Lobgesang ihres Verbandschefs einstimmen. Es heißt nun Abschied nehmen von den Vorteilen einer relativ preiswerten Stadtliga. Jedes Spiel ein Derby, jede Anreise ein Katzensprung um die Ecke, so lautete bislang das Credo des betulichen Berliner Amateurfußballs. Der Saisonetat manches Klubs wurde häufig aus den Eintrittsgeldern eines einzigen Schlagerspiels bestritten, sei es gegen Zuschauer-Magneten wie Türkiyemspor, Hertha BSC oder einen unmittelbaren Bezirkskonkurrenten. Auch wenn die Leistungsdichte darunter gelitten hat — die meisten Vereinsmeier hatten sich in Berlin, der »Insel der Seligen«, häuslich eingerichtet.

Unter den veränderten Bedingungen drohen den betroffenen Amateurligisten nun weite Fahrten nach Eisenhüttenstadt oder Schwerin. Mancher Spieler wird mit einem vorzeitigen Karriereknick rechnen müssen, weil ihn sein Arbeitgeber nicht schon vormittags zum Mittwochspiel bei Hafen Rostock ziehen läßt. Zwar erhöht sich das Leistungsniveau in einer solchen Flächenliga fast automatisch, was gerade an der Spree nottut. Aber ob zu einem Heimspiel des BFC Preussen gegen FSV Schwedt mehr Zuschauer strömen werden als in der Vergangenheit gegen Rapide Wedding — das bezweifelt mancher Berliner Klubvorsitzende. Denn Leistung muß sich nun mal nicht unbedingt bezahlt machen! Jürgen Schulz

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