: Acht Tonnen Securitate-Akten entdeckt
■ In einem verlassenen Tal wurden von Journalisten auch Spitzellisten des Nachfolgedienstes der Securitate, SRI, entdeckt/ 25.000 demonstrierten gegen die Front zur Nationalen Rettung
Bukarest (ap) — Journalisten der rumänischen Oppositionszeitung 'Romania Libera‘ haben nach eigenen Angaben in einer Schlucht acht Tonnen Akten der früheren Geheimpolizei Securitate gefunden. Der Redakteur Petre Mihai Bacanu sagte am Montag in Bukarest, unter den Papieren aus dem Riusortal seien auch solche des Nachfolgegeheimdienstes SRI.
Bacanu präsentierte teils verschmutzte, teils zerfallene Akten über die oppositionellen Liberalen und die Kleinbauernpartei, die von Mai vergangenen Jahres datiert waren. In diesem Monat hatte in Rumänien die erste freie Wahl stattgefunden.
Die Akten enthielten nach Angaben von Bacanu auch Angaben über Informanten. Ihr Inhalt habe auch eine enge Überwachung von Dissidenten nahegelegt.
Die Securitate war nach der Revolution im Dezember 1989 offiziell aufgelöst worden. Rund 6.000 der früher 15.324 hauptamtlichen Agenten sind von der Nachfolgeorganisation SRI übernommen worden.
Im rumänischen Fernsehen bestätigte am Montag abend SRI-Sprecher Nicolae Ulieru, daß Agenten seiner Behörde Akten verbrannt und vergraben haben. Dies sei ohne Wissen des SRI-Direktors Virgil Mugureanu geschehen, es handele sich um eine „illegale und oberflächlich gehandhabte“ Aktion. Ulieru sagte, außer Securitate-Akten sei auch politisches Material aus jüngster Zeit dabei gewesen, das „nicht mehr politisch relevant“ war. Der 'Romania Libera‘ warf der Sprecher vor, den Fall politisch ausschlachten zu wollen.
In Bukarest beteiligten sich am vergangenen Montag — ein Jahr nach dem Wahlsieg der Nationalen Rettungsfront — etwa 25.000 Menschen an einer gegen diese gerichteten Demonstration. Veranstaltet wurde die Kundgebung vom Bürgerbund, einer außerparlamentarischen Gruppe, die sich zur Partei organisieren will.
Die Rettungsfront hat auf alle Veranstaltungen zum Jahrestag ihres Wahlsiegs verzichtet. In einer von der Bukarester Nachrichtenagentur 'rompres‘ verbreiteten Erklärung sprach Staatspräsident Ion Iliescu vom „schwierigsten Jahr“ in einem sehr komplizierten Übergangsprozeß. Es sei schlecht, daß angesichts solcher Verhältnisse kein Klima der Einheit der gesellschaftlichen und politischen Kräfte Rumäniens hergestellt werden könne.
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