Abzug aus Afghanistan: Wer geht? Wer bleibt?
Auch nach dem Abzug der ISAF-Truppen bleiben Soldaten in Afghanistan. Die USA könnten dann nur noch eine Minderheit der Truppen stellen.
BERLIN taz | Nach Nato-Angaben sind derzeit insgesamt 100.330 Soldaten und Soldatinnen als Teil der Isaf in Afghanistan, davon 68.000 US-Amerikaner, 9.000 Briten und offiziell derzeit genau 4.056 Deutsche. Ende 2014 will die Nato die Isaf-Mission beenden. Folgen soll ein Einsatz zur Beratung der afghanischen Truppen, der aber zum Eigenschutz auch Kampftruppen umfassen wird.
Die Truppenstärken stehen noch nicht fest. Für die deutschen Planungen nach 2014 wird der Umfang der künftigen US-Präsenz entscheidend sein. Fast wöchentlich gibt es neue Angaben. Aktueller Stand: Die USA werden 5.000 Soldatinnen und Soldaten weiterhin der internationalen Mission unterstellen.
Schon ab November dieses Jahres wollen die USA nur noch 50.000, ab Februar 2014 noch 34.000 Soldaten und Soldatinnen in Afghanistan belassen. Wichtiger als die reinen Zahlen ist die Frage, wie viele Rettungshubschrauber die USA in welchem Zeitraum im Land lassen. Denn jeder schwer verletzte Nato-Soldat soll innerhalb einer Stunde in ein Lazarett gebracht werden können.
Wenn es bei der zuletzt von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière genannten Gesamtstärke von 8.000 bis 12.000 Soldatinnen und Soldaten für die Isaf-Folgemission bleibt, würde dies bedeuten, dass die USA nur noch eine Minderheit der Truppen stellen.
Genug Kräfte für eine Evakuierung
Als sogenannte Führungsnation im Regionalkommando Nord wird Deutschland wohl neben Großbritannien (bislang ca. 9.000) einen erheblichen Anteil der übrigen 7.000 Soldatinnen und Soldaten stellen. Frankreich zieht seine Soldaten komplett aus Afghanistan ab.
Rund 2.000 Soldaten und Soldatinnen dürften ohnehin nötig sein, um auch nach 2014 das deutsche Camp in Masar-i-Scharif zu betreiben: für den Flugbetrieb, die Abfertigung des Nachschubs, für die Reparatur von Fahrzeugen, die Wartung der Infrastruktur und für den Betrieb des Einsatzlazaretts von der Dimension eines Kreiskrankenhauses. Derzeit sind in Masar-i-Scharif rund 3.000 Bundeswehr-Angehörige stationiert – dazu einige tausend Soldaten und Soldatinnen von Verbündeten.
Der Personalbedarf wird schon jetzt durch Outsourcing niedrig gehalten: Die Verpflegung organisiert – vorwiegend mit indischen Köchen – die italienische Cateringfirma Ciano. Die Wäscherei sowie die Müll- und Abwasserentsorgung hat die Bundeswehr der Firma Ecolog übertragen. Und für die Bewachung des Lagers sind dafür ausgebildete mongolische Soldaten verantwortlich.
Ziehen die Amerikaner ganz oder weitgehend aus Nordafghanistan ab, müsste die Bundeswehr wohl auch für den – derzeit als unwahrscheinlich betrachteten – Fall einer deutlichen Verschlechterung der Lage ausreichend Kräfte bereithalten, um das Camp gegebenenfalls unter Beschuss zu evakuieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann