Kommentar: Absurde Parteipolitik
■ Die Große Koalition schadet dem Land
Eine der Lieblingsbegründungen für die Eigenständigkeit Bremens ist folgende: Es muß große und kleine Länder, Stadt- und Flächenstaaten geben, um die Pluralität der Perspektiven für die Politik sicherzustellen. So manche Entscheidung im Bund sieht aus der Bremer Froschperspektive ganz anders aus als aus der Vogelperspektive eines Großlandes wie Nordrhein-Westfalen. Die Regierungen der kleinen Länder sind der Basis näher als die der großen. Ohne ihr Zutun hebt das Raumschiff Bonn vollends ab. So weit die Theorie und die Sonntagsreden.
Die Alltagspraxis: Wenn heute das Bonner Sparpaket im Bundesrat aufgerufen wird, dann werden die dünnen Bremer Ärmchen weder beim Dafür noch beim Dagegen hochgehen, Bremen wird sich enthalten. Ein wahrhaft hochpolitischer Beitrag zur Bundesgesetzgebung. Grund: Die Bremer CDU läßt die SPD nicht von der Großen Koalitionskette, und Parteipolitik, sei sie im konkreten Fall auch noch so absurd, scheint auch den Bremen-RetterInnen aus der CDU wichtiger zu sein als die Landesinteressen. Das Sparpaket wird zu höheren Sozialhilfekosten führen – doch der Senat wird sich im Bundesrat verhalten, als ob Bremen da noch Reserven hätte. Im Interesse Bremens wäre nur eine Ablehnung gewesen. So gesehen: Die Große Koalition schadet dem Land. Vom Begründungsgequatsche für die Selbständigkeit schweigen wir lieber. Jochen Grabler
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