■ Kommentar: Abspann West
Wer sich in Zukunft die neuesten Actionthriller aus Hollywood angucken will, muß ab September zum Potsdamer Platz. Dort eröffnet die CinemaxX AG gleich 19 Säle in einem gigantischen Super-Multiplex. Dieser Wechsel in der Standortpolitik der großen Kinobetreiber Richtung Mitte und City-Ost kommt für die Betreiber der traditionsreichen Kinos rund um den Kurfürstendamm zum ungünstigsten Zeitpunkt. Deren wirtschaftlich kritische Lage hat sich in den vergangenen Jahren durch die östlichen Kino-Konkurrenten weiter verschlechtert. Die halbvollen Säle werden jetzt weiter an Publikum verlieren. Hinzu kommt, daß die glorreiche Gegenwart der Movies rund um den Bahnhof Zoo von der unheiligen Allianz aus Sony, debis und Kulturverwaltung für beendet erklärt wurde, denn auch die Filmfestspiele wandern ab.
Doch nicht allein die neue Konkurrenz ist schuld am Niedergang der Filmkunsttheater in der westlichen City, der jetzt zur Schließung des Gloria-Palasts führt. Die Krise ist auch hausgemacht. Wer sich je in die muffigen Ku'dammkinos, aufgeschlitzten Sessel oder kleinen Schachteln mit miesem Ton und fragwürdiger Bildqualität gesetzt hat, gibt dafür kein Geld mehr aus. Diese Zumutungen fallen den Kinobetreibern nun selbst vor die Füße, haben sie doch das Publikum und dessen Bedürfnisse nicht ernst genommen. Zu lange hat man kaum investiert, zu lange sich auf den Lorbeeren ausgeruht.
Sicher, der Zoo-Palast, der Filmpalast oder das Astor sind schöne Kinos und auch das Delphi. Aber der Rest nähert sich dem Abspann. Da nützt es auch wenig, daß ein Mulitplex am Zoo wieder für frischen Wind sorgen soll. Eher bläst dadurch den alten Kinobetreibern der Wind noch kräftiger um die Nase. Rolf Lautenschläger
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