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Abschiebung ins Krisengebiet Angola

■ Angolanischer Pfarrer sitzt seit einer Woche in Abschiebehaft. Seine Familie darf bis April bleiben. Dann droht ihr Abschiebung nach Kongo

Die Ausländerbehörde plant, am kommenden Freitag einen beliebten Pastor von seiner Familie und Gemeinde zu trennen und in eine Kriegsregion abzuschieben. Der 43jährige Angolaner Bunga Fukivata, seit zehn Jahren in Berlin, sitzt bereits seit Donnerstag letzter Woche in Abschiebehaft. Als abgelehnter Asylbewerber soll er nach Angola gebracht werden, wo derzeit wieder Bürgerkrieg herrscht. Seine Frau, eine Staatsbürgerin Kongos, des ehemaligen Zaire, und seine zwei in Deutschland geborenen Kindern im Alter von vier und sieben Jahren dürfen vorerst in Berlin bleiben.

Die Neue Nazarethkirche in Wedding, in der Fukivata seit Jahren als Pastor, Gospelchorleiter und Koordinator einer Gruppe afrikanischer Gläubiger fungiert, hat eine Eingabe an den Petitionsausschuß des Abgeordnetenhauses und an das Europaparlament gemacht, um die Abschiebung zu verhindern. Der Pastor der Gemeinde, Johannes Matutis, wirft den Berliner Behörden vor, in diesem Fall offenbar keine Lösung finden zu wollen.

Nach Angaben von Fukivatas Anwalt Harald Schandl kam der Angolaner 1989 nach Deutschland und beantragte Asyl. Seine Volksgruppe der Bakongo, eine französischsprechende Minderheit in Angola, sei immer wieder Restriktionen des Regimes des westafrikanischen Landes ausgesetzt. Vor zehn Jahren habe Fukivata seine Frau geheiratet. Auch ihr Asylantrag sei abgelehnt worden, allerdings genieße sie noch bis April eine Duldung in Berlin.

Schandl betonte, selbst wenn Fukivatas Frau und Kinder auch bald Deutschland verlassen müßten, würden seine Angehörigen wegen des kongolesischen Passes der Mutter nur in Kongo leben können. Zudem sei die Kriegssituation in Kongo noch schlimmer als in Angola.

Eine Sprecherin der Innenverwaltung lehnte Auskünfte über Einzelfälle in Asylangelegenheiten ab. Grundsätzlich schiebe das Land Berlin jedoch nach Angola ab. Man berufe sich dabei wie andere Bundesländer auch auf einen Lagebericht des Auswärtigen Amtes in Bonn, der Angola nicht als Bürgerkriegsland definiere. Der Lagebericht enthält keine Empfehlung, ob abgelehnte Asylbewerber nach Angola abgeschoben werden sollten oder nicht. „Die Innenverwaltung muß selbst darüber entscheiden, ob sie eine Abschiebung für vertretbar hält“, sagte ein Außenamtssprecher in Bonn.

In der Berliner Innenverwaltung hieß es dazu, die abgeschobenen Asylbewerber würden in die Hauptstadt Luanda gebracht. Dort sei die Lage ruhig. Eine Eingabe an den Petitionsausschuß des Abgeordnetenhauses habe in Sachen Abschiebung nicht immer eine aufschiebende Wirkung. Zwar versuche man, eine Familie immer gemeinsam abzuschieben, „im Einzelfall“ trenne man sie aber auch. „Eine Zersplitterung der Familie sollte unbedingt vermieden werden“, forderte Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John. Eine gemeinsame Abschiebung in ein Land hält sie hingegen für wünschenswert. Philipp Gessler

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