: Abschiebung droht
■ Erstmals soll ein Eritreer abgeschoben werden / Verwaltungsgericht lehnt Asylantrag ab / Einweisung in Umerziehungslager „asylrechtlich nicht relevant“
Aus Heidelberg Rolf Gramm
Das Heidelberger Ordnungsamt hat dem Eritreer Johannes Bihon die Zwangsabschiebung nach Äthiopien angekündigt. Nach Auskunft der eritreischen Gemeinde und amnesty international wäre dies das erste Mal, daß bundesrepublikanische Behörden abgelehnte Asylbewerber aus Eritrea tatsächlich abschieben. Der Asylantrag Bihons wurde vom baden– württembergischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) endgültig abgelehnt. Wie im ähnlich gelagerten Fall des Eritreers Mekonen Abadu, nahm der VGH dem Flüchtling nicht ab, daß er als Mitglied einer eritreischen Befreiungsbewegung an „regimefeindlichen Bestrebungen“ beteiligt war und daher bei seiner Rückkehr politische Verfolgung befürchten müsse. Zwar existiere auch eine Republikfluchtvorschrift, aber eine strafrechtliche Sanktion gegen den Flüchtling sei bei seiner Rückkehr „wenig wahrscheinlich“. Allenfalls müße er damit rechnen, daß er „für einen Zeitraum, der in aller Regel über drei Monate nicht hinausging, in ein Aufklärungs– und Umerziehungslager eingewiesen“ werde. Das aber sei „kein mit der Menschenwürde unvereinbarer asylrechtlich relevanter Eingriff“. Wenn Ausgewiesene künftig in Äthiopien damit rechnen müßten, besonders scharf beobachtet zu werden, teilten sie „lediglich das für totalitäre Herrschaftssysteme charakteristische Schicksal aller, deren Lebensführung Auffälligkeiten aufweist“. „Das sind doch keine Versuchskaninchen“, kommentiert der Heidelberger Rechtsanwalt Berthold Münch, der den Eritreer vertritt, das Vorgehen der Behörden. Während die Richter des VGH davon ausgingen, daß eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ für zu erwartende Repression bestehen müsse, darf seiner Meinung nach nur abgeschoben werden, wenn sich Repressalien gegen die Flüchtlinge ausschließen lassen. Keine einzige der Organisationen, die sich mit Flüchtlingsangelegenheiten beschäftigen, habe Erfahrungen, was in Äthiopien mit zurücktransportierten Flüchtlingen geschehe. Daß die Richter dem Seemann Johannes Bihon die Beteiligung am Befreiungskampf nicht glaubten, liege eben daran, daß er sich nur mit wenig Geschick in Deutschausdrücken könne. Nach Angaben der Heidelberger Gruppe von amnesty international, sind die Chancen gering, daß Johannes Bihon bei seiner Rückkehr unbehelligt bleibt. Er werde jedenfalls auf keinen Fall freiwillig zurückkehren. Er hält sich versteckt.
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