: Abrißerlaubnis mit falschen Angaben
■ Teppich-Kibek: Investor soll nicht nur Teppichhaus beschädigt, sondern auch Abriß erschlichen haben
Neue Anschuldigungen gegen die Bauherren des 22geschossigen Geschäftshauses „Zoofenster“ am Bahnhof Zoo. Der Dortmunder Getränkekonzern „Brau und Brunnen AG“ habe sich die Abrißgenehmigung für das bisherige Gebäude erschlichen, erklärte gestern der Geschäftsführer von Teppich- Kibek. Knapp zwei Monate nachdem der Bagger einer Abrißfirma mehrere Stützen im Keller des Teppich-Hauses an der Joachimstaler Straße beschädigt hatte, häufen sich zudem Hinweise, daß es sich bei dem Vorfall um keinen „Unfall“ handelte.
Seit langem bereits schwelt der Streit zwischen dem Bauherrn des Zoofensters und seinem letzten Gewerbemieter. Weil die Brau und Brunnen bislang noch kein entsprechendes Ersatzgrundstück angeboten habe, besteht das Teppich-Geschäft auf dem bis zum Jahre 2000 laufenden Mietvertrag. Die Reaktion des Investors in der Vergangenheit: Dann baue man eben um Teppich-Kibek herum.
Eine Umbauung des Teppich- Geschäfts widerspricht freilich der Abbruchgenehmigung des Bezirksamts. Die Charlottenburger Behörde hatte im März 1993 grünes Licht gegeben, nachdem die Brau und Brunnen den Abriß sämtlicher Gebäudeteile – einschließlich des Teppichhauses – beantragt hatte. „Wäre von vornherein bekannt gewesen, nicht alles abzureißen“, meint Kibek-Chef Sachau, wäre vor der Genehmigung ein Abrißstatik-Gutachten vonnöten gewesen. Dieses Gutachten aber sei nie erstellt worden.
Im Charlottenburger Bezirksamt hielt man sich gestern bedeckt. „Wenn es keine Abrißstatik gibt, wird man der Meinung gewesen sein, daß man keine Abrißstatik brauchte“, meinte ein Vertreter der Bauaufsicht. Daß ein solches Gutachten nötig gewesen wäre, zeigt sich freilich jetzt. Trotz inzwischen neu eingezogener Stützen ist das Teppichgeschäft noch immer gesperrt. Freigegeben werden könne das Gebäude erst, wenn das Abbruch-Gutachten vorliegt. Ob die Verkaufsräume auch künftig geschlossen bleiben, soll nun ein „runder Tisch“ der Statiker beim Charlottenburger Baustadtrat klären. Während der Gutachter der Teppich-Firma keine Probleme sieht, das Geschäft wieder zu öffnen, beruft sich der Bezirk auf ein gegenteiliges Gutachten eines von der Senatsbauverwaltung beaufragten Prüfstatikers. Was die Behörden ignorierten: Der Prüfstatiker steht auch auf der Honorarliste der Brau und Brunnen.
Unterdessen kamen zwei weitere Gutachter zu dem Schluß, daß es sich bei dem Baggereinsatz am 14. August, bei dem die Stützen beschädigt wurden, keineswegs um ein Versehen gehandelt habe. Bei den Schäden, resümiert ein Gutachter der Allianz-Versicherung, bei der die Abrißfirma versichert war, sei von „verschiedenen, hintereinander abgelaufenen, bewußt gewollten Gewalteinwirkungen gegen vier tragende Säulen“ auszugehen. Bereits zuvor kam ein von Kibek in Auftrag gegebenes Gutachten des Hamburger Ingenierbüros Lienemann zu dem Schluß, daß man davon ausgehen müsse, daß „die Stütze einseitig mit einem Abbruchlöffel eines Baggerfahrzeugs bearbeitet wurde“. Inzwischen hat sich die Staatsanwaltschaft in die Ermittlungen eingeschaltet und ein eigenes Gutachten bei der Bundesanstalt für Materialprüfung in Auftrag gegeben. Uwe Rada
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