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Abgewiesene taz-JournalistenIG Metall-Chef lässt taz wieder zu

Der Sprecher der Gewerkschaft verweigerte taz-Redakteuren Zugang zum Gewerkschaftstag. Am späten Abend revidierte der neue Vorsitzende Berthold Huber die Entscheidung.

Der neue IG Metall-Chef Huber (li.) habe von der Zurückweisung der taz-Redakteure nichts gewusst, sagte er. Bild: dpa

BERLIN taz Ein Sprecher des am Dienstag neu gewählten Gewerkschaftschefs lud am Abend die taz ausdrücklich wieder ein, um über die größte deutsche Gewerkschaft zu berichten. Der Reformer Berthold Huber, der dem als Hardliner bekannten Jürgen Peters folgt, habe von der Zurückweisung zweier taz-Redakteure vom Gewerkschaftstag in Leipzig nichts gewusst, hieß es.

Zuvor hatte der Leiter der Presseabteilung der IG Metall, Georgios Arwanitidis, drei Tage lang taz-Reportern den Zugang zum Gewerkschaftstag verweigert. Zunächst war dem bei der IG Metall in Ungnade gefallenen taz-Experte für Gewerkschaften, Thilo Knott, die Akkreditierung verweigert worden. "Schicken Sie jemand anderes." Daraufhin fuhr Inlandsredakteur Ulrich Schulte nach Leipzig - und wurde ebenfalls nicht zugelassen. Der Grund in den Worten von Arwanitidis: "Die IG Metall kann nicht mit einer Zeitung zusammenarbeiten, die ihren Vorsitzenden mit Josef Stalin, einem der größten Massenmörder des 20. Jahrhunderts, vergleicht".

Das bezog sich auf einen Bericht vom 3. September 2007. Darin hatte Thilo Knott den Streit um die Nachfolge des IG-Metall-Vorsitzenden Jürgen Peters geschildert. Interne Gegner würden in der IG Metall Peters manchmal "Stalin" nennen. Um die Informanten zu schützen, verzichtete die taz darauf, sie namentlich zu nennen. Mehrfach waren unter der Ägide Peters Mitarbeiter abgemahnt oder entlassen worden, weil sie andere Meinungen vertreten hatten.

Huber ließ wenige Stunden nach seiner Wahl am späten Dienstag die taz ohne jede Vorbedingung wieder zu. Sein Pressesprecher Arwanitidis hatte zuvor gegenüber dem Deutschen Journalistenverband folgende Bedingung genannt: Die taz müsse sich für den Zeitungsbericht vom 3. September entschuldigen - erst danach dürften Korrespondenten an der Veranstaltung in Leipzig teilnehmen.

taz-Chefredakteurin Bascha Mika nannte den Vorfall "eine Einschränkung der freien Berichterstattung und eine Behinderung der Presse". Die IG Metall habe "Anlass, sich Gedanken über ihr Demokratieverständnis zu machen".

Auch der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte am Dienstag die IG Metall. "Von Gewerkschaft zu Gewerkschaft: Die IG Metall hat nicht das Recht, sich mit dem Ausschluss der taz von der Berichterstattung gegen die kritisierte Veröffentlichung zu wehren", sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken. "Das ist Erpressung in Reinform und für eine Gewerkschaft unwürdig."

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12 Kommentare

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  • AS
    Albert Schulz

    Vielleicht würden Gewerkschaften anders reagieren, wenn die Berichterstattung der taz mal etwas anderes beinhalten würde, als flache Polemik und "links"-verkleidetes neoliberales Gelaber.

     

    Peters mit Stalin zu vergleichen ist leider nicht nur beleidigend, es ist vor allem dumm, schmerzhaft dumm. Aber für die taz nicht verwunderlich.

  • A
    Alster

    Die Gewerkschaften sind auch nur ein Haufen des Selbstzwecks, nicht besser als unsere regierenden Selbst-Bediener. Unter anderem hätte man sich schon längst gegen die Zunahme von Zeitarbeit einsetzen müssen. Wenn diese Dinger aus der Kultur

    verschwinden, schafft das anständige Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum. Wer das Gegenteil behauptet, hat den Sinn des Staatsmonopolistischen

    Kapitalismus nicht verstanden.

  • I
    Iottissimo

    Na, dann entschuldigt euch mal schoen.

  • SI
    Siegfried Ißmayer

    In der Zeit meiner attac-Aktivität in Thüringen hatte ich dank diverser Bündnisse mit dem DGB vielfach Gelegenheit gewerkschaftliches Demokratieverständnis kennen zu lernen. Man redet viel von Demokratie, man unterstützt sogar Bürgerinitiativen und man schreibt, von der Basis aus, mitunter einen bösen Brief an Herrn Sommer oder so, aber dann bleibt alles wie es ist: parole,parole..und ein wenig Publicity darf es schon auch sein.

  • AS
    Albert Schulz

    Vielleicht würden Gewerkschaften anders reagieren, wenn die Berichterstattung der taz mal etwas anderes beinhalten würde, als flache Polemik und "links"-verkleidetes neoliberales Gelaber.

     

    Peters mit Stalin zu vergleichen ist leider nicht nur beleidigend, es ist vor allem dumm, schmerzhaft dumm. Aber für die taz nicht verwunderlich.

  • A
    Alster

    Die Gewerkschaften sind auch nur ein Haufen des Selbstzwecks, nicht besser als unsere regierenden Selbst-Bediener. Unter anderem hätte man sich schon längst gegen die Zunahme von Zeitarbeit einsetzen müssen. Wenn diese Dinger aus der Kultur

    verschwinden, schafft das anständige Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum. Wer das Gegenteil behauptet, hat den Sinn des Staatsmonopolistischen

    Kapitalismus nicht verstanden.

  • I
    Iottissimo

    Na, dann entschuldigt euch mal schoen.

  • SI
    Siegfried Ißmayer

    In der Zeit meiner attac-Aktivität in Thüringen hatte ich dank diverser Bündnisse mit dem DGB vielfach Gelegenheit gewerkschaftliches Demokratieverständnis kennen zu lernen. Man redet viel von Demokratie, man unterstützt sogar Bürgerinitiativen und man schreibt, von der Basis aus, mitunter einen bösen Brief an Herrn Sommer oder so, aber dann bleibt alles wie es ist: parole,parole..und ein wenig Publicity darf es schon auch sein.

  • AS
    Albert Schulz

    Vielleicht würden Gewerkschaften anders reagieren, wenn die Berichterstattung der taz mal etwas anderes beinhalten würde, als flache Polemik und "links"-verkleidetes neoliberales Gelaber.

     

    Peters mit Stalin zu vergleichen ist leider nicht nur beleidigend, es ist vor allem dumm, schmerzhaft dumm. Aber für die taz nicht verwunderlich.

  • A
    Alster

    Die Gewerkschaften sind auch nur ein Haufen des Selbstzwecks, nicht besser als unsere regierenden Selbst-Bediener. Unter anderem hätte man sich schon längst gegen die Zunahme von Zeitarbeit einsetzen müssen. Wenn diese Dinger aus der Kultur

    verschwinden, schafft das anständige Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum. Wer das Gegenteil behauptet, hat den Sinn des Staatsmonopolistischen

    Kapitalismus nicht verstanden.

  • I
    Iottissimo

    Na, dann entschuldigt euch mal schoen.

  • SI
    Siegfried Ißmayer

    In der Zeit meiner attac-Aktivität in Thüringen hatte ich dank diverser Bündnisse mit dem DGB vielfach Gelegenheit gewerkschaftliches Demokratieverständnis kennen zu lernen. Man redet viel von Demokratie, man unterstützt sogar Bürgerinitiativen und man schreibt, von der Basis aus, mitunter einen bösen Brief an Herrn Sommer oder so, aber dann bleibt alles wie es ist: parole,parole..und ein wenig Publicity darf es schon auch sein.