: Abgeseilt und davon
■ Abschiebehäftlinge aus Gewahrsam der Polizei in der Kruppstraße geflohen
In der Nacht zum Sonntag sind zehn Häftlinge aus dem Abschiebegewahrsam der Polizei in der Tiergartener Kruppstraße geflohen. Wie die Polizei mitteilte, hatten sich die Männer aus einem Fenster im dritten Stock an mehreren zusammengeknoteten Bettlaken abgeseilt. Zuvor hatten sie eine Strebe des Innenfensters und eine Metallstrebe des Außenfensters durchtrennt. Offensichtlich seien die entsprechende Gegenstände, mit denen die Streben durchsägt wurden, in das Gefängns geschmuggelt worden, hieß es seitens der Polizei.
Die Häftlinge stammen unter anderem aus dem Libanon und dem früheren Jugoslawien. Gegen sie wurde in der Vergangenheit vor allem wegen Ladendiebstahls und Verstoßes gegen das Asylverfahrensgesetz ermittelt.
Nach dem jüngsten Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald ist jedoch der Abschiebegewahrsam der Polizei illegal, und die zehn Männer haben sich möglicherweise rechtmäßig aus dem Staub gemacht. Der Greifswalder Richterspruch basiert auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) aus dem Jahre 1972, nach dem der Freiheitsentzug von Häftlingen nur Rechtens sei, wenn dieser durch eine gesetzliche Grundlage geregelt ist. Die Anforderungen des BVG, so die Richter, werden aber nicht erfüllt, wenn die Abschiebehaft, wie in der Kruppstraße, im Polizeigewahrsam und nicht in einer Justizvollzugsanstalt stattfinde. dpa/me
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