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ANC: Weiße dürfen bleiben

■ Treffen liberaler Weißer und ANC–Mitglieder in senegalesischer Hauptstadt beendet / Erhalt kultureller und ethnischer Unterschiede nach Abschaffung der Rassentrennung / Bewaffneter Kampf „historische Realität

Dakar (afp) - Die senegalesische Hauptstadt Dakar war am Wochenende Schauplatz einer Premiere: Zum ersten Mal trafen sich dort Delegierte weißer, liberaler Südafrikaner mit Vertretern des verbotenen Afrikanischen Nationalkongresses (ANC). Beide Seiten stellten gestern in einem Kommunique fest, daß dringend gehandelt werden müsse, um die Apartheid abzuschaffen, und unterstrichen ihre Intention, ein geeintes, demokratisches Südafrika aufzubauen. Eines der Diskussionsthemen im Hinblick auf die politische Zukunft Südafrikas war die Stellung der weißen Bevölkerung nach der Abschaffung der Rassentrennung. Beide Seiten sprachen sich für den Erhalt der kulturellen und ethnischen Unterschiede in Südafrika aus. „Wir haben das Recht weißer Afrikaner, in Südafrika zu leben, niemals in Frage gestellt“, betonten die ANC–Vertreter. Doch lehnten sie jegliche „Privilegierung oder speziellen Rechte“ und damit einen besonderen Minderheiten–Status für die weiße Bevölkerung ab. In wirtschaftlicher Hinsicht bestanden die ANC–Vertreter auf ei ner Neuverteilung des Einkommens und einer Beendigung des derzeitigen Ungleichgewichts zwischen arm und reich. Der Aufbau der Wirtschaft dürfe dadurch jedoch nicht verhindert werden. Die weißen Delegierten, zu denen neben Repräsentanten der Kirchen, Universitäten und Politik auch Unternehmer gehörten, zeigten sich mit einer gemischten Wirtschaft, innerhalb derer einige Bereiche vom Staat kontrolliert werden, einverstanden. Heißes Thema der Debatte war die Frage des bewaffneten Kampfes gegen die Apartheid. In dem Abschlußkommunique erklärten die Liberalen, daß sie „die historische Realität des bewaffneten Kampfes zur Kenntnis nehmen“, doch zeigten sie sich besorgt über „die Ausweitung der unkontrollierten Gewalt“. Ursprung der Gewalt in Südafrika sei das System der Rassentrennung, das durch Verhandlungen überwunden werden müsse. Fortsetzung auf Seite 6 Die bedingungslose Freilassung aller inhaftierten politischen Führer sowie die Zulassung der derzeit verbotenen Organisationen sind nach der Erklärung „fundamentale Vorbedingungen“ zur Aufnahme von Verhandlungen. In Südafrika stieß die Kommunikationsbereitschaft der Liberalen teilweise auf offene Ablehnung. Eine ultrarechte Gruppierung sprach von Verrat. Der Vorsitzende der „Weißen Befreiungsbewegung“, John Schabort, erklärte, seine Organisation habe bei der Johannesburger Sicherheitspolizei Anklage gegen die Delegationsmitglieder erhoben. Auch die regierende Nationale Partei übte Kritik an dem Treffen, das ihrer Meinung nach die Rolle des ANC aufwerte.

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