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ALS REAKTION AUF DEN 11. SEPTEMBER SCHOTTET SICH EUROPA WEITER ABAuf den Anlass wurde nur gewartet

Rasterfahndung in Deutschland, Schleierfahndung in Frankreich und selektive Einführung der Ausweispflicht in Großbritannien – so lauten einige der Antworten der großen europäischen Demokratien auf die Attentate in den USA. Überall werden sie mit dem „Kampf gegen den Terror“ gerechtfertigt. Und überall sind die ersten Betroffenen ImmigrantInnen. Sind es diejenigen BewohnerInnen der Europäischen Union, die ohnehin die wenigsten Rechte haben.

Als hätten die europäischen Law-and-Order-PolitikerInnen bloß auf ein Startsignal gewartet, haben sie seit dem 11. September Gesetzentwürfe und Überwachungsprogramme aus der Schublade gezogen und im Eilverfahren verabschiedet, die die Festung Europa noch weiter abschotten, als dies seit den 70er-Jahren möglich ist. Die jüngsten Beispiele stammen aus London und Paris. In beiden Fällen brechen sozialdemokratische PolitikerInnen politische Tabus, die in ihren Ländern jahrzehntelangen Bestand hatten.

Anfang der Woche erklärte die britische Regierung ihre Absicht, AsylbewerberInnen ab dem Jahr 2002 mit einem elektronisch kontrollierbaren und mit Fingerabdrücken versehenen Ausweis auszustatten. Gestern beriet das französische Parlament in letzter Lesung über ein Paket von 13 – zunächst bis Ende 2002 befristeten – Anti-Terror-Maßnahmen, die zahlreiche Bürgerrechte in Frage stellen. Sie reichen von erweiterten Personenkontrollbefugnissen für Polizei und erstmals auch für private Wachschutzdienste bis hin zur Verschärfung der Überwachung von E-Mails und Internet. Alle EU-Regierungen wollen jetzt ihre Polizeizusammenarbeit intensivieren, sie reden bereits über die Einführung eines europäischen Haftbefehls.

Damit schnappt eine Falle zu, die am 11. September aufgestellt wurde. Statt mit der potenziellen Überlegenheit von demokratischen Systemen gegenüber autoritären und gewalttätigen Bewegungen reagieren die europäischen Staaten mit Polizeimethoden. Diese zusätzliche Überwachung konzentriert sich zunächst auf EinwanderInnen. Für die schwächsten und rechtlosesten unter ihnen, wie beispielsweise die afghanischen und irakischen Flüchtlinge, die in halsbrecherischen Aktionen versuchen, über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu gelangen, werden bald die letzten Schlupflöcher verstopft sein.

Aber die neue Anti-Terror-Politik ist jederzeit ausdehnbar. Ihre nächsten Opfer sind bereits programmiert. Es sind soziale und politische Protestbewegungen aus dem Inneren des alten Kontinents. DOROTHEA HAHN

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