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ejectALEXANDER KÜHN über „Wetten, dass…?“

Eine schlimme Woche

Es gibt Wochen, da möchte man nicht Thomas Gottschalk sein. Die zurückliegende war so eine. Montag: Der neue ZDF-Intendant Markus Schächter sagt im Focus, Thomas Gottschalk brauche einen Gagschreiber. Dienstag: Frank Elstner meint in Bild, Thomas solle über das Angebot nachdenken. Mittwoch: Klausjürgen Wussow, 72, sagt in Bild, Gottschalk solle Platz machen für einen Jüngeren. Donnerstag: Während die Zeit über die in der TV-Ehe zwischen dem deutschen Zuschauer und Gottschalk dahinschleichende Entfremdung räsoniert, schlägt Gottschalk in Bild zurück: „Ich bleibe, wie ich bin.“ Freitag: Bis Redaktionsschluss ist bei der taz kein einziger Witz eingetroffen – obwohl wir in der Woche, in der man nicht Gottschalk gewesen sein möchte, unsere Leser aufgefordert haben: „Wir sammeln für Gottschalk: Schicken Sie uns Ihre besten Gags.“ Stattdessen klaut Bild, dreist wie sie ist, die Idee und bettelt: „Schreiben Sie Gags für Gottschalk. Für jeden Spruch, der bei ‚Wetten, dass …?‘ genommen wird, zahlt Bild 50 Euro.“ Da kann die taz nicht mithalten.

Nur wenige Getreue halten noch zu dem deutsch-amerikanischen Entertainer. Bunte-Chefredakteurin Patricia Riekel, Hörzu-Chefredakteur Jörg Walberer – sowie der begnadete Bild-Kolumnist und Frauenversteher Franz Josef Wagner, der auch in dieser, für unser Land nicht einfachen Situation, den richtigen Ton trifft: „Nein, nein, nein, im Namen aller Frauen. Lieber Thomas Gottschalk, lassen Sie sich nicht enteignen.“

Von den Lesern der von ihm hoch geschätzten taz ignoriert, von Wagner verstanden – Gottschalk hat zum Glück zu viel zu tun, als dass er Zeit fände, mit seinem Schicksal zu hadern. In diesen Minuten sitzt er in München in der Garderobe und wird von seinem Team in bewährter Art auf die heutige Sendung vorbereitet: „Also Thomas, wie heißt die geile blonde Schnecke, die in deiner Sendung bauchfrei auftreten wird?“ – „Bauchfrei? Reschpekt!“ – „Britney Spears, Thomas! Wir schreiben’s dir aufs Kärtchen, so wie immer, gell? Und an was musst du denken, wenn du mit den Wettkandidaten sprichst?“ – „Ich muss so tun, als wenn ich mich für sie interessieren würde.“ – „Ja prima, Thomas. Zur Sicherheit schreiben wir dir’s noch mal aufs Kärtchen, gell?“

So ist er, unser Thommy, und daran wird auch sein neuer Chef nichts ändern: locker, schlagfertig, spontan und jederzeit in der Lage, aus Gold Scheiße zu machen.

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