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■ Mit der Polizei auf Du und DuABM für die Polizei

Die Polizei scheint unterbeschäftigt zu sein. Anders ist kaum zu erklären, was sich in diesen Tagen landauf, landab in den Polizeistuben abspielt. Gut siebenhundert FriedensfreundInnen werden vorgeladen, in Bremen alleine 22. Der Grund: Sie haben im letzten Jahr einen Aufruf zu einer Aktion am Tag der Menschenrechte unterschrieben. Darin hatten sie zu einer „Entzäunungsakion“ der Abschiebehaftanstalt im pfälzischen Worms aufgerufen.

Dem Bonner Staatsanwalt hatte der Text dermaßen gefallen, daß er meinte, der Staat sollte alle UnterzeichnerInnen persönlich kennenlernen. So kam es gestern nachmittag zu einem Kleingruppentreffen beim politischen Kommissariat im Bremer Polizeipräsidium, von wegen Aufforderung zu Straftaten. Das Angebot: 300 Mark an die Staatskasse, und die Angelegenheit ist erledigt.

22 waren geladen, die allermeisten hatten schon am Telefon gesagt, daß sie nichts sagen wollten, und bezahlen schon gar nicht. Die sechs, die sich auf den Weg gemacht hatten, durften nun Bekanntschaft machen mit dem Politpolizisten Brennstein. Einzeln sollten die sechs hereinkommen, meinte Brennstein – um ihre Personalien zu bestätigen. „Was Sie unterschrieben haben, das wissen Sie doch selbst. Ich will nicht mit Ihnen diskutieren. Ich verstehe Sie ja, aber ich bin Kriminalist.“ Einzeln, genau das wollte die Gruppe aber nicht. Sie wollte viel lieber über Abschiebeknäste und das Asylrecht und die Widerstandspflicht eines jeden Einzelnen reden. Genau das, was der Beamte nicht wollte. Immer mal wieder kam einer seiner Kollegen zum Gucken auf den Flur, um mit einem Grinsen wieder zu verschwinden.

„Wir haben immer mit den nachgeordneten Behörden zu tun“, erwiederte Schulleiter Armin Stolle, einer der Geladenen. „Und die sagen immer, sie hätten eine Weisung von Oben, sie könnten nichts machen. Sie hätten ja auch mal sagen können, das machen wir nicht mit, das schicken wir zurück.“ So ging es munter hin und her, bis es dem Beamten zu bunt wurde: „Sie sind zu siebt, ich bin alleine.“ – „Sie können ihre Kollegen gerne dazuholen.“ Darauf wollte sich Brennstein lieber nicht einlassen, und die sechs renitenten BremerInnen wollten keine Einzelbefragung. „Wir haben was Besseres vor, wir gehen gleich zum Abschiebeknast, müssen Sie sich mal angucken.“ So durften sie unverrichteter Dinge wieder abziehen. Und der Beamte durfte sichtlich erleichtert in sein Büro zurück und berichten: Keine Aussage. J.G.

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