: 9 zu 7 für die Freigabe
■ Heroinfreigabe im Bundesrat: Voscherau kam durch
„Man muß sich das vorstellen. 70 Jahre lang gab es ein absolutes Verbot. Jetzt hat man erstmals anerkannt, daß dieses Verbot mehr schadet als nützt“. Hamburgs Drogenbeauftragter, Horst Bossong, war gestern in Hochstimmung. War es doch nach mühsamer Überzeugungsarbeit gelungen, auch Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz umzustimmen: Mit neun zu sieben Stimmen votierte der Bundesrat gestern für eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, sprich: die Freigabe von Heroin.
Demnach könnten zunächst nur Großstädte und zunächst nur in einem 5jährigen Modellversuch die Droge an Junkies abgeben, die für eine herkömmliche Abstinenz- und Substitutionstherapie nicht gewonnen werden können. Auf diese Weise, so Bossong, soll es gelingen, die Abhängigen vor dem gesundheitlichen Ruin zu bewahren, den das oft verdreckte und verpanschte Heroin verursacht, das heutzutage illegal erhältlich ist. Außerdem soll so Beschaffungskriminalität und Prostitution überflüssig und den Drogenhändlern die Kundschaft abspenstig gemacht werden.
Als nächstes muß nun die Bundesregierung Stellung nehmen, anschließend der Bundestag über die Hamburger Gesetzesinitiative befinden. Bossong: „Wir wollen versuchen, die Abgeordneten zu bearbeiten“. Vor allem Bürgermeister in CDU-regierten Großstädten hätten eingesehen, daß das Drogenproblem nicht mehr anders in den Griff zu bekommen ist.
Ob es noch vor den Bundestagswahlen zu einer Einigung kommt, scheint fraglich, denn auch die Gegenseite mobilisiert. Der Hamburger CDU-Politiker Sieghard-Carsten Kampf sprach gar von einer „Niederlage der Vernunft“: „Ich hoffe, daß die Mehrheit des Bundestages den Weg in diese Katastrophe versperrt.“
kaj
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