■ Live-Berichterstattung: 75.011 gewinnen 2:0
Sieg gegen den Tabellenführer! Erster Platz in der zweiten Liga! Das durch drittklassiges Gekicke gequälte Berliner Fußballerherz darf wieder lachen. Zwar muß Hertha noch zehn Spiele absolvieren, aber rein sportlich müßten die Blau-Weißen sich ganz schön blöde anstellen. Kaum droht die Hertha aufzusteigen, drängeln sich 75.000 Berliner und 11 Freunde zum Schnellkurs „Fußballgucken vor Ort“. Kleine Wissenslücken („Wer sind noch mal die Roten?“) werden schnell behoben. Spätestens nach dem Treffer von „Axeeeell“ (Stadionsprecher) „Kruuusä“ (Publikum) wußte jeder Stadionneuling, für welches Team es zu jubeln galt. Selbst die gesitteten Gäste auf der Haupttribüne erhoben sich nach etwa zehn Anläufen zu La ola, die fortan durchs weite Rund wogte. Und kurz vor Schluß war allen klar, daß jede unliebsame Handlung von Gegner oder Schiedsrichter mit einem „Du alte Sau“ kommentiert wird.
Also alles klar für die Bundesliga? „Nie määähr zweite Ligaaa“, behauptete das Volk, um gleich darauf in die Konservengesänge aus den Stadionlautsprechern einzufallen: „Nur nach Hause gehn wir nicht!“ Und das obwohl das Bier bereits nach der Halbzeitpause ausverkauft war. Aber wie denn auch: Die Autos versacken im Stau. Die S-Bahn fährt frühestens Ende des Jahres wieder zum Olympiastadion, und die U-Bahn ist nicht nur rappelvoll, sondern streikt spätestens nach zwei Stationen total – Kommentar der gestreßten BVGler vor Ort: keiner. Aber was soll's. „Wir“ sind wieder wer! Und nächstes Jahr schlagen „wir“ die Bayern. Gereon Asmuth
Siehe Bericht Seite 19
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen