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5 Sekunden

■ Tivoli: Jango Edwards Überblick über die Kunst der Clownerien

„Ich mag die Art von Humor, bei der ich 5 Sekunden lache um dann 10 Minuten nachzudenken“, lautet einer der vorab eingeblendeten Leinwandsprüche. Vielleicht ist es ja wirklich zuviel verlangt, solcherart Humor von Jango Edwards zu erwarten. Anlaß zum Nachdenken bot er bei seinem Gastspiel im Schmidts Tivoli jedenfalls nicht übermäßig. Klones – Jango Edwards & Friends soll eine Reise durch die Geschichte der Clowns sein. Zusammen mit Grada Peskins, Stan Haywood und Jimmy Sernesky ließ er sie zunächst alle noch mal aufleben: den glitzernden Weißclown, den bunten, großfüßigen Dummen August, den marktschreierischen Zeremonienmeister, den pfiffigen Clown mit den leisen Zwischentönen.

Schön war er, dieser geschichtlich verstandene erste Teil. Mit umgehängter Wärmflasche, den Teebeutel im Strumpf oder als kurioser Zauberkünstler Mo Ham Head mit Assistentin Asthma, Jango Edwards und Grada Peskins sind einfach gut. Mitreißend wenn sie um ihren Apfel oder ihren Mann, die Puppe, kämpft, wenn er sie austrickst, sie ärgert – als plietscher Clown und Dummer August haben die beiden ihre Hausaufgaben gemacht.

Im zweiten Teil der Show kommt dann das, was man von Jango Edwards seit den 70ern kennt: schwanzwedelnder Klamauk. Humor auf der Höhe des provokanten Zeitwitzes, der sich rasend komisch gebiert. „Ich hab' mich geändert, ich zeige Euch meinen Schwanz noch einmal. And then forget it“. Mit diesen Worten zieht er sein Hosenbein hoch, und zum Vorschein kommt eine Plastikpenisspitze. Dann die Reise durch die Geschichte der Komiker: Der kranke Dick bekommt von Doof statt Süßigkeiten hartgekochte Eier und Nüsse mitgebracht, eine technisch gekonnt imitierte Filmszene, unterlegt mit eindeutigen Gesten. Oder drei Steptänzer, von denen einer – na, wer wohl? – die anderen mit Griff an Hintern und Reißverschluß irritiert. Oder Romeo und Julia als Marionetten, die heiraten dürfen, wobei Romeo sich schließlich zu Tode rammelt; und endlich The Klones Brothers als immer wieder originelle Variante zu den Bluesbrüdern. Die angekündigte Parodie der Massenmedien-Stilmittel ist dementsprechend: laut, schrill und ohne Sex läuft auch hier nichts, Kritik bleibt in den Kinderschuhen oder besser Alte-Männer-Hosen stecken.

Und wenn Jango dann im glänzenden Boxermäntelchen am Ausgang Besucher und Besucherinnen mit Abschieds-Schlabber-Küssen befeuchtet, ist eines sicher: Ödipussi, Schnödipussi – Hauptsache, er hat sein Publikum lieb.

Heike Schulte

Schmidts Tivoli, bis 19. Februar, 20 Uhr; außer Sonntag, 19 Uhr

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